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Der Dokumentarfilm "Wem gehört mein Dorf?" von Christoph Eder geht dieses Jahr beim Deutschen Filmpreis ins Rennen - ein Film, der die Gentrifizierung an der Ostsee zum Thema macht und zeigt, wie Großinvestoren im Ostseebad Göhren den Einheimischen ihr Dorf streitig machen und wie diese gegen die Verdrängung kämpfen.
Filmausschnitt, "Wem gehört mein Dorf?", Regie: Christoph Eder
"Hier unten soll ein Wohngebiet entstehen. Das wollen wir nicht haben. Wir brauchen die Landschaft, wir schützen die Landschaft. Und dafür blasen wir heute.“
Göhren, ein kleiner Ort auf Rügen. 1300 Einwohner. Unendliche Weiten, romantische Natur. Und Heimatort von Filmemacher Christoph Eder. Als er ein kleiner Junge ist, kommt die Wende und mit ihr die ersten Bodenspekulanten. Alles verändert sich.
Christoph Eder, Regisseur
"Große Investitionen brachten große Kräne mit sich. Graue Häuser wurden weiß. Und Kopfsteinpflaster zu Asphalt."
"Ich glaube, das war auch erst mal natürlich ne gute Entwicklung, weil der Bedarf war ja da. Und irgendwann ist das aber gekippt und einer dieser Momente war zum Beispiel, dass so ein bewaldeter Hang, an dem ich immer als Kind gespielt habe, abgerodet wurde und ich einfach nicht verstanden habe, warum das passiert ist, unter welchen Motiven. Und das bis heute auch nicht wirklich verstehe."
Dort wo einmal Christophs Wald war, ist nun freier Meer-Blick für das Hotel von Wilfried Horst. Ein millionenschwerer Bau-Unternehmer aus Nordrhein Westphalen. Und Hauptinvestor in Göhren. Er investiert in Hotels, Ferienwohnungen, den Tourismus - nicht jedoch in die soziale Infrastruktur oder bezahlbaren Wohnraum für die Bevölkerung.
Unterstützt wird er von vier Männern, die den Gemeinderat von Göhren dominieren und allen Projekten von Wilfried Horst zustimmen. Zum Verdruss vieler Dorfbewohner.
Filmausschnitt, "Wem gehört mein Dorf?", Regie: Christoph Eder
"Gefällt euch das Parkhaus wirklich, so wie es da steht? Derjenige, der meint von euch, dass das ne schöne Lösung ist, der hebe bitte seinen Finger vorne."
- "Das ist doch noch gar nicht fertig. Lass doch mal fertig werden."
"Schönheit ist relativ, da können wir immer drüber streiten."
- "Ja das Parkhaus es steht nun mal da jetzt, und…"
Christoph Eder, Regisseur
"Gerade heute wird immer noch massiv Druck ausgeübt von Investoren und ihren Anwälten. Da wird wirklich von den Leuten, die da gemeinnützig sitzen und sich gewählt haben lassen und damit ein wichtiges Rückrat unserer Demokratie bilden, denen wird übel mitgespielt und da wird extrem Druck ausgeübt und da muss glaub ich was gemacht werden, weil das Menschen sind, die das in ihrer Freizeit machen, die aber Entscheidungen treffen, die wirklich große Auswirkungen haben für Projekte zum Teil mit mehreren hundert Millionen."
Es regt sich Widerstand. Viele gleichgesinnte Göhrener wollen ihre einzigartige Natur vor weiterer Bebauung schützen.
Filmausschnitt, "Wem gehört mein Dorf?", Regie: Christoph Eder
"Wir dürfen nicht wegen drei Monaten Urlauber und drei Monaten effektives Geld Verdienen alles zerstören. Wir müssen innehalten und das, was wir haben, müssen wir bewahren."
Bernd Elegi und seine Tochter Nadine Förster gründen eine Bürgerinitiative und stellen sich für die nächste Kommunalwahl auf.
"Eins, zwei, drei!"
- "Du hast die Wahl!"
"Perfekt, danke!"
Christoph Eder hat Göhren mittlerweile verlassen. Er zog weg, um zu studieren. Doch was in seiner Heimat geschieht, beschäftigt ihn weiterhin. Heute lebt er in Leipzig und Berlin-Neukölln. Gentrifizierung gibt es hier auch. Göhren ist überall.
Christoph Eder, Regisseur
"Der Satz, der am häufigsten gesagt wurde vom Publikum, war, "Bei uns ist es genauso". Ich glaub, das ist ne Diskussion, die ganz viel geführt wird und wo unser Film genau in diese Kerbe schlägt. Wir haben da irgendwie was sichtbar gemacht, was bei vielen Menschen schon lange Thema war."
"Wem gehört mein Dorf?" ist Christoph Eders Abschlussfilm an der Konrad-Wolf-Filmuniversität. Jetzt kann er sogar auf einen Filmpreis hoffen. Und in Göhren weht inzwischen ein neuer Wind - in Richtung Ursprung.
Autorin: Lilli Klinger