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Der Florentiner Bildhauer Donatello (ca. 1386–1466) war einer der frühesten und zugleich bedeutendsten Vertreter der Renaissance in Italien. Er gilt als Erfinder der Perspektive. Mit seinen revolutionären Skulpturen und Reliefs in Marmor, Bronze und Terrakotta prägte er den Stil einer ganzen Epoche. Ein einzigartiges internationales Ausstellungsprojekt widmet sich nun diesem Ausnahmekünstler in der Berliner Gemäldegalerie.
Auf diese Kiste haben sie hier in der Berliner Gemäldegalerie ungeduldig gewartet. Das Museum in Rennes hat einen Kunstschatz von unermesslichem Wert nach Berlin geschickt. Ein großer Moment für Kurator Neville Rowley und Dagmar Korbacher, die Direktorin des Kupferstichkabinetts, denn das Bild gilt als einzig erhaltene Zeichnung von Donatello.
Dagmar Korbacher, Direktorin Kupferstichkabinett
"Für mich ist es unglaublich berührend eine Zeichnung wie diese zu sehen, wo möglicherweise Donatello vor 600 Jahren einen ersten Gedanken festgehalten hat, und dass wir heute noch diese Energie spüren, die diese Zeichnung ausstrahlt, eine Energie, die die Renaissance erst möglich gemacht hat."
Die Zeichnung ist ein Höhepunkt der Ausstellung. Vielleicht ist sie eine Vorstudie für Donatellos "David". Der nackte Jüngling ist sein berühmtestes Werk.
Zu Lebzeiten ist Donatello ein gefeierter Popstar in der Kunstwelt Italiens. Heute ist sein Name nicht so bekannt, wie der von Leonardo da Vinci oder Michelangelo, die fast 100 Jahre später lebten und seine Erfindungen verfeinerten. Sie ernteten den Ruhm in den letzten Jahrhunderten.
Donatello wird um 1386 in Florenz geboren. Berühmt wird der Sohn eines Wollkämmers durch seine Vielseitigkeit als Bildhauer. Er arbeitet mit verschiedenen Materialien wie Terrakotta, Bronze oder Marmor.
Die "Pazzi Madonna" entsteht ca. 1422. Ein Beispiel für Donatellos bildnerische Kraft: Er haucht dem Stein Leben ein.
Neville Rowley, Kurator
"Jedes Mal, wenn ich Donatello sehe, ich sehe mich selbst als Kind, als Mutter, es ist so unglaublich die Empathie, das man mit solchen Werken hat, auch wenn man nicht, ich bin keine Mutter, ich bin Vater, diese extreme Empathie, Einfühlung, für was passiert, man hat die Fühlung, dass Donatello manche Leben gehabt hat, dass er wußte auch wie die, was sind die, diese Gefühle, die wir haben, das ist sehr modern."
Donatello zeigt menschlichen Gefühle. Das ist bahnbrechend und neu. Als erster wendet er im Relief die Perspektive an, setzt Mutter und Kind mittig und in eine Rahmung. So verleiht er dem Halbbild Tiefe.
Viele seiner Zeitgenossen lassen sich inspirieren. In seinem berühmten Gemälde "Die Darbringung Christi im Tempel" zitiert Andrea Mantegna Donatellos visuellen Trick mit der Rahmung.
"Das Eselswunder des Heiligen Antonius" stellt Donatello für den dunklen Kirchenraum der Basilika in Padua her. Damit man es besser sehen kann, verwendet er Goldintarsien. Das Bronzerelief erinnert an moderne Wimmelbilder mit vielen bewegten Figuren in verschiedenen Szenen. Wegen solcher Werke gilt Donatello heute als "Erfinder der Renaissance".
Neville Rowley, Kurator
"Das war eine Revolution, was er gemacht hat. Diese Mischung von Realismus und Idealismus, von Gesamtbild aber auch von Detail, alle seine visuelle Welt war eine Revolution, seine Kunst war wahrscheinlich wie eine Revolution, wie wenn die Fotografie oder das Kino erfunden wurde."
Berlin besitzt schon eine große Donatello Sammlung. Das ist Wilhelm von Bode zu verdanken, dem Gründer des heutigen des Bode-Museums. Er erkannte vor über 100 Jahren die Bedeutung Donatellos und ließ Abformungen aus Gips anfertigen. Wie die Skulptur "Johannes der Täufer".
Katharina Tocha, Kunsthistorikerin Gipsformerei
"Vielleicht wäre es jetzt gut hier ein bisschen Wachs dran zu machen."
Veronika Tocha ist Expertin für Gipse und kennt ihre Geschichte.
Katharina Tocha, Kunsthistorikerin Gipsformerei
"Wilhelm von Bode hat von Beginn an sich eigentlich dafür stark gemacht, man weiß von ihm, dass er nach Italien seine Leute entsandt hat, um in Erfahrung zu bringen, welche Skulpturen als Gipse für die Berliner Museen angeworben werden können, welche Abformungen möglich sind, und es gab viele italienischen Abformer damals, die diese Abformungen vorgenommen haben."
Deshalb sind in Berlin jetzt auch Werke aus Gips zu sehen, deren Originale nicht verliehen werden. "Donatello - Erfinder der Renaissance" ist eine einzigartige Ausstellung, die vom Anfang einer neuen Epoche erzählt. Von einem neuen Blick auf die Welt.
Autorin: Margarete Kreuzer