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Die Berlin Art Week startet am 14.09. und hat in diesem Jahr das Zentrum ihrer Ausstellungen in die Uferhallen in Berlin-Wedding gelegt. Ein Statement, denn die Zukunft dieses Kunstorts ist ungewiss. Und er steht dafür, dass es immer weniger Freiräume für Kunst gibt. Ironischerweise tragen die Künstler*innen selbst dazu bei: Sie machen einen Kiez so attraktiv, dass dort irgendwann die Immobilienpreise steigen. Das wird auch in der dortigen Art Week-Ausstellung "On Equal Terms" thematisiert.
Eigentlich ein Symbol aus den sozialen Netzwerken Das Flammen Emoji-. Zur Eröffnung der Art Week will das Kuratoren Team Sofia Gräfe und Arkadij Koscheew es 4 Meter hoch mitten auf dem Hof der Ufer Hallen platzieren. Ein Statement.
Sofia Gräfe, Kuratorin
"Einerseits Flammen Emojis werden verwendet um Freude, emphatische Begeisterung auszudrücken, sind aber gleichsam auch ein Symbol von Gefahr von Bedrohung von in unserem Fall hier Atelierstandorten."
Es brennt. Das spiegeln die 26 Kunst-werke, die Sofia Gräfe und Arkadij Koscheew ausgewählt haben. ON EQUAL TERMS, auf Augenhöhe heißt die Ausstellung, die sie in und für die Uferhallen kuratiert haben. Zur Artweek wollen sie daran erinnern, was es bedeutet, Kunst unter extremem wirtschaftlichen Druck zu produzieren. Wie lange können sich Künster Innen Berlin noch leisten? Fragt sich auch der Videokünstler Heiner Franzen.
Heiner Franzen, Videokünstler
"Komischerweise fallen die Bildenden Künstler in jeder Stadt der Welt, an irgendeiner Stelle rutschen die immer vom Parkett runter und wir haben lange gehofft und ich denke das ist mit jeder Künstlerin, jedem Künstler in dieser Stadt so, dass wir diese Ruhe haben, Dinge zu entwickeln, also Projekte erstmal selber zu bespielen und dann geht die Stadt so langsam rein und überlegt, wie können wir bestimmte Areale retten und wir haben uns auch dazu gezählt und jetzt stellen wir fest, dass wir vielleicht doich nicht diese tolle Rolle spielen."
Die Uferhallen im Wedding. Seit 2008 leben und arbeiten hier rund 150 KünstlerInnen. Doch wie oft in Berlin ist auch dieser Kulturort zum Spekulationsobjekt geworden.
Seit 2017 gehört das Areal mehrheitlich einer Investorengruppe, die hier Luxuswohnungen bauen will. Zwar beteuern Bezirk und Senat, dass die Künstler bleiben können. Doch Künstlerin Antje Blumenstein vom Uferhallen EV befürchtet: die Mieten steigen.
Antje Blumenstein, Künstlerin
"Für mich ist das tatsächlich ein Horrorszenario. Weil ich arbeite mit Skulpturen, das heißt ich hab hier auch ein Keller-Lager, ich hab sehr viel Werkzeug, Materialien.. Jede Mietsteigerung bedeutet ja für den Künstler, der ja auch seine Wohnung zahlen muss und dessen Atelier sein Arbeitsraum ist, also jede Mietsteigerung und wenn es nur ein Euro ist pro qm ist also für einen Künstler ein Problem. Und das nächste Problem ist, dass auch innerstädtisch diese Räume immer mehr schrumpfen."
Wie der Investor in das Areal eingreifen will, zeigt Antje Blumenstein auf einem Plan. Die Künstler haben nichts gegen eine Randbebauung, doch wo Luxuswohnen mitten in ihre Arbeitsflächen gepfropft wird, sehen die Künstler jetzt schon Konflikte.
Antje Blumenstein, Künstlerin
"Genau dieser Abschnitt bis zur Halle soll abgerissen werden, weil das ein nachträglicher Anbau nach dem Krieg war und hier sollen 13 Stockwerke, also man kann den Blick so hoch richten. entstehen als Neubau mit höherpreisigem Wohnen. Und hier in dem Fall heißt das eben, dass direkt über den Bildhauer Ateliers, die hier sind, weil das sind eigentlich alles Bildhauer Ateliers eben eine Wohnen kommt und wir fragen uns: "Wie soll das gehen?" Das ist eben Lärm aus dem Atelier heraus, mitunter auch vor der Tür, dann natürlich auch Lieferverkehr auch mit sehr großen Ausmaßen, also wir haben hier zum Beispiel Monica Bonvicini und Rosa Barba in den Ateliers, beides internatinal arbeitende Künstlerinnen."
Viele Ateliers werden abgerissen, die den KünstlerInnen ideale Bedingungen geboten haben. Ob alle KünstlerInnen neue Räume erhalten werden, ist nicht klar. Neue Ateliers sollen in der großen Halle entstehen, die dann nur noch im vorderen Teil als Ausstellungsfläche dienen wird.
Antje Blumenstein, Künstlerin
"Ab diesem 3. Chad sollen Ateliers generiert werden. Das ist Denkmalgeschützt, das wird also schwierig, das wird auch teuer und es muss natürlich auch so sein, dass man ein nutzbares Atelier bekommt, inklusive Heizung und da ist auch noch die große Frage: Wer zahlt das?"
On Equal Terms - Auf Augenhöhe. Antje Blumenstein zeigt bei der Artweek Eine Skulptur aus übereinander geschichteten Sockeln. 10 Jahre alt, aber für sie aktuell. Ein künstlerischer Kommentar zur aktuellen Situation.
Antje Blumenstein, Künstlerin
"Ich finde eben auch, weil es den Anschein eines größeren Denkmals oder Gebäudes hat, aber aus so billigem Material gebaut ist, dieser Anschein, der mitunter erzeugt wird eben das man da sehr genau dahinter gucken muss. Das fand ich so ein bisschen passend, auch zu der Aktion hier. Es wird uns ja sozusagen auch das goldene Land versprochen, wir sind aber gezwungen, genauer hinzuschauen."
Autorin: Charlotte Pollex