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Schon für sein Debütalbum mit den Libertines vor genau 20 Jahren wurde Pete Doherty gefeiert. Doch auf diese Erfolge folgten immer weitere Abstürze, Drogen und Skandale. Was kaum bekannt ist: All das hat der Musiker in Bildern und Collagen verarbeitet. Jetzt bekommt Pete Doherty eine große Einzelausstellung in der Janine Bean Gallery in Berlin.
Er hat ein paar Pfunde mehr auf den Rippen, seit er vom Heroin weg ist. Beim Beinkleid gibt er sich freizügig. Und jetzt offenbart Peter Doherty auch noch seine künstlerische Seite, zeigt die Kunst, die er über all die Jahre unter Drogen gemacht hat.
Peter Doherty, Musiker
"Für mich ist das hier eine wirklich persönliche Sache. Das ist zwar meine Kunst – aber ich habe sie selbst viele Jahre nicht gesehen. Ich dachte, sie sei verschütt gegangen. Ich dachte, ich schaue sie mir hier einmal selbst etwas in Ruhe an. Ich bin einfach nur froh, dass diese Arbeiten nicht zerstört wurden."
Collagen aus Songzeilen und Fotos, Skulpturen aus Fundstücken, gesprayte Plakate für seine Band die "Libertines" – mit ihnen ist er zum 20-jährigen Jubiläum nun auch wieder auf Tour.
Sein Leben als Junkie, als immer zugedröhnter Independent-Rockstar - das war schließlich eine durch und durch toxische Angelegenheit, die wie bei anderen auch tödlich hätte enden können. Legendär, die gut zwei Jahre On- and Off-Beziehung mit dem Supermodel Kate Moss.
Peter Doherty, Musiker
"Oh, das waren glückliche Zeiten in vielerlei Hinsicht – aber doch, ja, es war verdammt toxisch. Ihre Freunde sagten: Lass sie in Ruhe, wir werfen dich in den Fluss. Und ich sagte: Ja, bitte, tut es verdammt."
Statt Tod in der Themse – Überleben dank Eiswanne! Wenn er jetzt auf Tour ist, macht er mit der Band eine Atemmedition – und dann zwei Minuten Aushalten im eiskalten Wasser. Das Ganze gehört zu einem Prozess der inneren Reinigung, der mit seinem Entzug vor gut zweieinhalb Jahren begonnen hat.
Peter Doherty, Musiker
"Die Eiswanne ist offen gesagt ziemlich schrecklich, eine echte Herausforderung. Ich bin immer noch im Genesungsprozess. Die letzten zwei Jahre kommen mir vor wie ein Blinzeln in die Sonne. Man hört mit den Drogen nicht einfach auf und kehrt in einen Zustand kindlicher Unschuld zurück. Jetzt vor einem Auftritt ist meine Energie nur auf das Konzert ausgerichtet. Deshalb - das Thema Drogen macht mich ganz aufgeregt. Ich bin in einer sehr verletztlichen Situation, versuche clean zu bleiben."
Es ist diese Verletzlichkeit, das Sich-Bloßlegen, das seine Fans schon immer für ihn einnimmt. Nun, clean, hat er einem Berliner Galeristenpaar sogar gestattet, seine verborgenste Seite auszustellen. Über einen Sammler bekamen sie Zugang zu seinem Archiv im englischen Coventry. Die Kunst, die sie dort entdeckten, zeigt Dohertys Auseinandersetzung mit seinen Dämonen: die Sucht, der Exzess, das sich verlierende Ich.
Janine Bean, janinebeangallery
"Er hat früher sehr sehr viel mit Blut gearbeitet. Er hat den Pakt mit dem Ruhm gemacht und ihn mit Blut besiegelt. 'Skin in the game' sagt der Brite, das heißt: Er gibt alles."
Was in diesem alten Tagebuch seinen Anfang nimmt: ein Bewusstseinsstrom, instrumentiert vom Drogenbesteck, mit dem Blut nach der Injektion illustriert, geht schließlich auch auf die große Leinwand über.
Peter Doherty, Musiker
"Die britische Fahne, mit Blut gemalt – wenn die jemand kaufen will, soll das so sein. Ich bin nur froh, dass es sie noch gibt. Ich mag diese Arbeit wirklich sehr. Und ich sage Ihnen, warum es mir damals vermutlich großartig ging: weil eine Menge Blut auf diesem Gemälde ist. Ich muss damals also eine sehr gute Vene erwischt haben. Das war am Ende das Problem beim Drogenkonsum: Ich hatte kein Blut mehr im Leib. Mein Körper war im Arsch, ich hatte zu viele Jahre gespritzt. Ich war ein Mann im Sterben."
Heute wirkt Peter Doherty lebendiger denn je, auf der Vernissage in Berlin wird er gefeiert. Das verdankt er auch seiner Frau, der Musikerin Katia de Vidas, sie haben letztes Jahr geheiratet. In das stimmige neue Bild passt auch das Buch zur Ausstellung, das erstmals eine Gesamtschau seines Werks zeigt. Das Schönste ist, dass Peter Doherty bei alldem der alte Rockstar bleibt – wenn ihn ein Fan um ein Autogramm bittet.
Autor: Norbert Kron