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Das Restaurant "Minsk" in Potsdam wurde 1977 eröffnet. Ein modernistischer Bau, mit dem die Freundschaft zwischen der Sowjetunion und der DDR bekräftigt werden sollte. 2019 kaufte die Stiftung des Mäzens Hasso Plattner das "Minsk" und baute es zum Museum um. Am 24.09. wird das Minsk eröffnet, in dem eine "Auseinandersetzung mit der DDR-Kunst" stattfinden soll.
Das neue Kunsthaus "Minsk" in Potsdam. Eine Ikone der DDR-Architektur. Zu Ost-Zeiten war es die angesagteste Gaststätte der Stadt. 1977 wird das Terrassenrestaurant eröffnet. Gleichzeitig macht in der belarussischen Hauptstadt Minsk das "Café Potsdam" auf - ein Zeichen der sozialistischen Freundschaft.
Rolf Wienecke ist Potsdamer und hat damals im Minsk gearbeitet, erst als Küchenchef, dann als Gaststättenleiter.
Rolf Wienecke, ehem. Gaststättenleiter "Minsk"
"Aus meiner Sicht, ich war ja nun 18 Jahre hier im Terrassenrestaurant Minsk, es hat sich sehr viel verändert."
Nur die Wendeltreppe und der Tresen erinnern Rolf Wienecke noch an damals. Er hat ein paar Fotos von früher mitgebracht.
Rolf Wienecke, ehem. Gaststättenleiter "Minsk"
"Wir boten hier die russische und deutsche und internationale Küche an. Jeden Monat war ein anderes Land dran. Und der Besuch war immer sehr sehr gut und war ausgebucht wochenlang vorher."
Es wird nicht nur gespeist. Sondern auch ausgiebig gefeiert. Und Tisch 8 soll Rolf Wienecke stets für die Stasi reservieren. Eine Order, die er bei vollem Haus gern auch mal ignoriert.
Rolf Wienecke, ehem. Gaststättenleiter "Minsk"
"Wir hatten auch Westberliner Reisegruppen, fast aus der ganzen Welt Touristen aus Berlin, die her kamen und dann war natürlich die Stasi zugegen. Die passten dann auf, damit da keine dinge passieren, die von ihrer Seite aus eventuell da nicht richtig waren."
Nach der Wende pachtet Wienecke das Restaurant von der Treuhand und betreibt es weiter als "Café Minsk". 2000 gibt er den Betrieb auf. Danach wird das Gebäude nicht weiter genutzt und verfällt. Die Stadt will es loswerden. Als das Gebäude abgerissen werden soll, weil ein Investor Wohnungen bauen möchte, wehren sich die Potsdamer Bürger. Zu viel bedeutende Ost-Architektur wurde schon aus dem Stadtbild entfernt, anstatt sie denkmalwürdig zu schützen. Die Proteste wirken: das Haus bleibt stehen.v2019 kauft es SAP Gründer Hasso Plattner. Er will das Minsk zu einem Museum für seine DDR-Kunst-Sammlung umbauen.
Kommende Woche eröffnet das "Minsk" nun als Kunsthaus. Paola Malavassi ist die Direktorin. Sie stammt aus Costa Rica und hat in Deutschland Kunstgeschichte studiert.
Paola Malavassi, Direktorin "Minsk"
"Es ist ein neuer alter Ort und genau das ist das Programm auch. Es ist Kunst aus der ehemaligen DDR in Dialog mit zeitgenössischer Kunst."
Dafür hat Paola Malavassi zur Eröffnung zwei Künstler ausgesucht, die sich beide mit der Veränderung von Stadt und Land beschäftigen. Einer ist der kanadische Fotograf Stan Douglas. Seine Arbeiten sind gerade angekommen.
Anfang der 90er Jahre kommt Stan Douglas im Rahmen eines Stipendiums nach Potsdam und entdeckt dort die Schrebergärten als Symbole des Wandels.
Paola Malavassi, Direktorin "Minsk"
"Die Schrebergärten, die sind natürlich schon begehrtes Land auch und immer wieder in der Debatte, vielleicht sind sie vergleichbar mit dem Schicksal der DDR Architektur, insofern ist es natürlich auch spannend als Stan Douglas kam, sah er die Bedrohung der Schrebergärten Anfang der 90er Jahre. Es wird DDR-Architektur zerstört zugunsten von Investitionen und so weiter."
Die Fotografien von Stan Douglas dokumentieren, wie die Schrebergärten immer mehr von Industrie und Wohnbauten bedrängt werden.
Paola Malavassi, Direktorin "Minsk"
"Es ist erstaunlich, es ist so der Versuch, eine Suche nach Utopie und nach Natur mitten in der Stadt ungeachtet der Tatsachen, dass vielleicht die Bahnlinie direkt daneben läuft."
Demgegenüber stehen die Bilder des Leipziger Malers Wolfgang Mattheuer. Auch bei ihm gibt es Schrebergärten. In seinem Bild "Der Nachbar, der will fliegen" wird die Idylle von einem Ikarus bedroht, der mythologischen Figur, die immer höher hinauswill.
Paola Malavassi, Direktorin "Minsk"
"Seine Werke sind schon damals voller Ambivalenzen. Das äußert sich in den Titeln, das äußert sich aber auch in so Figuren wie der Ikarus. Eine Figur, die sowohl Fortschritt und Neugier, über den Horizont zu gehen irgendwie verkörpert und aber zugleich das menschliche Scheitern und die Zerstörung der Umwelt."
Wolfgang Mattheuer malte oft seine unmittelbare Umgebung. Der Mitbegründer der Leipziger Schule galt als Chronist der Gesellschaft. Schon in der DDR war er sehr erfolgreich, versteckte auch immer wieder Kritik in seinen Werken.
Paola Malavassi, Direktorin "Minsk"
"Im Fall von Mattheuer und allgemein Kunst aus der ehemaligen DDR in all ihren Ausdrucksformen – und damit meine ich auch non-konforme Kunst und kritische Kunst – es ist wichtig sie immer wieder zu betrachten und neu zu beleuchten."
Das Minsk will sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen, um die Gegenwart besser zu verstehen. Ein erster Schritt dahin, ist der Ort selbst - der ein Stück Identität der Stadt und ihrer Bewohner bewahrt.
Autorin: Lilli Klinger