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Schaffen es Irans Frauen, ihr Recht Selbstbestimmung durchzusetzen? Die Proteste und die brutalen Reaktionen darauf bewegen. Letzte Woche hat die Künstlerin Zehra Doğan mit einer spektakulären Aktion an der Iranischen Botschaft in Berlin auf Instagramm ein Zeichen gesetzt. Sie ist Kurdin, wie Jina Mahsa Amini, die von der iranischen Sittenpolizei ermordet wurde und mit der alles begann. Ihre Kunst ist Protest.
Wer ist diese Frau, die Haare mit Menstruationsblut und Henna mischt und sie dann an den Eingang der iranischen Botschaft in Berlin klebt? Es ist die kurdische Künstlerin Zehra Doğan. Sie zeigt so ihre Solidarität für die im Iran getötete Jina Masha Amini.
Natürlich wird sie dafür von der deutschen Polizei kurzzeitig festgesetzt. Diese Aktion – ein Symbol des Kampfes für die Rechte der Frauen und ihre Freiheit.
Zehra Doğan, Künstlerin
"Wenn es Jinas Geschichte nicht gegeben hätte, hätte ich die Aktion nicht gemacht. Ich hatte auf einmal eine große Verantwortung gefühlt und gleichzeitig ein Gefühl von großem Hass, weshalb der Hass so groß ist? Dass eine jüngere Frau nur wegen ihrer offenen Haare verhaftet wird und später misshandelt, gefoltert und zusammengeschlagen wird."
Die 22-jährige iranische Kurdin Jina Mahsa Amini starb am 16. September im Krankenhaus an schweren Verletzungen – vorher war sie auf einer Wache der berüchtigten iranischen Sittenpolizei. Weil sie ihren Schleier nicht richtig getragen hatte.
Die 33-jährige Zehra Doğan, die derzeit in Berlin lebt, kommt zwar aus der Türkei, ist aber Kurdin, wie Jina Mahsa Amini - sie fühlt sich ihr besonders verbunden. Das alte Kurdistan ist zerteilt, liegt heute in der Türkei, Syrien, Irak, Iran.
Das Foto eines von der türkischen Armee zerstörten Kurdengebietes - Zehra Doğan malte es 2016 nach. Dafür wird sie wegen Terrorpropaganda in der Türkei zu knapp 3 Jahren Gefängnis verurteilt.
Auch der legendäre Streetartkünstler Banksy protestiert mit einem Wandbild in New York gegen ihre Inhaftierung. Sie malt heimlich im Gefängnis weiter.
Zehra Doğan, Künstlerin
"Wenn man sich mit Kunst beschäftigt, kann man als Mensch die Umstände im Gefängnis besser ertragen, weil man denkt nicht über negative Ding, die Dich zerstören oder über Selbstmord nach. Die Kunst ist für mich wie ein Widerstand."
Es entstehen Bilder von ihren Mithäftlingen, von Frauen mit ihren Kindern, darunter auch viele Kurdinnen. Sie porträtiert sie, mit dem was sie hat: Menstruationsblut oder Teebeutel. Die Bilder schmuggelt ihr Anwalt aus dem Gefängnis.
Iran: Die verstorbene Mahsa Amini heißt mit kurdischem Namen Jina Amini. Als Kurdin und Frau wurde sie im Iran Opfer doppelter Diskriminierung. Dort stehen die Frauen jetzt gerade Seite an Seite, zeigen ihre Wut, kämpfen gegen Diskriminierung und Gewalt.
In Berlin: Zehra Doğan protestiert mit iranischen und kurdischen Frauen. Sie macht es traurig, dass Jinas kurdische Herkunft hier kaum wahrgenommen wird.
Zehra Doğan, Künstlerin
"Eine kurdische Frau ist ermordet worden, die Iranerinnen wollten aber nur die iranische Flagge zeigen. Es waren Feministen, Oppositionelle und intellektuelle Frauen, und sie bestreiten immer noch, dass sie eine Kurdin und keine Iranerin ist. Jina ist eine iranische Staatsbürgerin, aber sie ist eine Kurdin."
Nicht nur im Iran oder der Türkei werden kurdische Frauen verfolgt und getötet. Letzten Dienstag erfährt Zehra Doğan, dass ihre Freundin Nagehan Akarsel ermordet wurde, eine zentrale Figur der kurdischen Frauenbewegung. Sie wollte im Irak eine kurdische Frauenbibliothek aufbauen.
Zehra Doğan, Künstlerin
"Leider musste Nagehan das Land verlassen und ist in den irakischen Teil Kurdistans geflohen. Aber auch dort fand sie keine Ruhe, sie wurde verfolgt und anschließend vom türkischen Geheimdienst ermordet. Sie wurde nicht nur ermordet, weil sie eine Frau war, sondern weil sie eine politische Frau war."
Zehra Doğan kämpft weiter. Die kurdischen Frauen haben einen Slogan gegen die Unterdrückung: "Frau, Leben, Freiheit". Er erschallt mittlerweile weltweit.
Autorin: Margarete Kreuzer