
-
Die Doku "Der letzte Flug – Ein deutsches Geheimnis" erzählt die rätselhafte Geschichte des letzten regulären Lufthansa-Fluges aus der Reichshauptstadt Berlin. Am 20. April 1945 startete eine JU 52 mit 18 Insassen vom Flughafen Tempelhof in Richtung Österreich. Über Brandenburger Dörfern kam es zum Abschuss. Wer war an Bord? Gab es Überlebende? Ein spannendes Stück deutscher Kriegs- und Nachkriegsgeschichte.
Kurz nach dem Start am 20. April fliegt die JU52 über Brandenburg. Es ist der Geburtstag Hitlers, seit 4 Tagen tobt die "Schlacht um Berlin". Die Maschine ist die letzte Chance für die 18 Insassen aus der belagerten Reichshauptstadt herauszukommen.
Zwischen den Dörfern Glienig und Buckow schießt die Rote Armee ab. Dorfbewohner finden die sterblichen Überreste und begraben sie. Nur einer überlebt. Eine Passagierliste gibt es nicht. Wer waren sie? Warum durften sie Berlin verlassen? Fragen, die lange niemanden interessierten.
Ein schlichter Gedenkstein am Absturz-Ort, hat die Filmemacher Jan Peter und Sandra Naumann auf die Idee gebracht, dem Geheimnis nachzugehen.
Sandra Naumann, Co-Autorin "Der letzte Flug"
"Es ranken sich viele Legenden darum, hat Adolf Hitler doch überlebt, ist er doch irgendwie durch Tunnel rausgekommen. Das ist natürlich spannend und darüber hinaus fanden wir das wahnsinnig faszinierend, je mehr wir uns damit beschäftigt haben, zu sehen, wie sich quasi, wie man so einen Stein zur Seite rollt, wie sich eine ganze Welt auftut an kleinen und großen Geschichten und Anknüpfungspunkten, mit denen wir eigentlich gar nicht gerechnet hatten am Anfang. Einer der mutmaßlichen Insassen ist ja der Regisseur Hans Steinhoff."
Hans Steinhoff ist eine Nazigröße, ein Filmregisseur, der ab 1933 Propagandastreifen wie "Hitlerjunge Quex" oder "Ohm Krüger" dreht. Vermutlich ist er an diesem 20. April auf dem Weg nach Prag, um dort an seinem neuen Film weiterzuarbeiten.
Die Filmemacher finden die Enkelin von Hans Steinhoff, Kora Dalager, in den USA. Heute ist sie 80 Jahre alt. Extra für die Vorstellung des Dokumentarfilms ist die ehemalige Krankenschwester nach Berlin gekommen. Kora Dalager wusste erst nicht, wer ihr biologischer Großvater war. Ein Familiengeheimnis, das für lange Zeit unaussprechlich blieb.
Kora Dalager, Enkelin von Hans Steinhoff
"Also für mich war es psychologisch sehr schwierig, Steinhoff war für mich von allem, was ich weiß, keine sympathische Person, er muss irgendwann mal als Jugendlicher eine große Anziehungskraft gehabt haben, denn meine Großmutter hat den Seitensprung mit ihm gemacht."
"Meine Mutter hat mir nie etwas erzählt, aber einmal als wir im Tessin waren, sind wir an einem Haus vorbei gegangen, und da hat meine Mutter gesagt, ah ist das Haus von deinem Großvater."
Viele Jahre später erst hat sie die Propagandafilme von Hans Steinhoff gesehen und sich mit der Vergangenheit ihres Großvaters beschäftigt.
Kora Dalager, Enkelin von Hans Steinhoff
"Ich glaube er war einfach ein Opportunist, er kam aus sehr einfachen Verhältnissen und er hat sich so heraufgezogen."
Dass ihr Großvater bei einem Flugzeugabsturz gestorben sein soll, hatte Kora Dalager schon gehört. Aber erst durch die Dreharbeiten an "Der letzte Flug" kann sie den Absturzort besuchen.
Die Filmemacher fahnden auch nach anderen Passagieren. Sie treffen dabei auch Günther Ott, ein Spezialist für Luftfahrtgeschichte, der sich mit den Passagieren des "letzten Flugs" beschäftigt hat. Viele Passagiere sind nicht mehr zu identifizieren. Günther Ott hat herausgefunden, dass EIN Name auf dem Gedenkstein fehlt.
Günther Ott, Luftfahrt-Experte
"Dr. Paul Karlson war ein damals ein bekannter Schriftsteller, Fachrichtung Luftfahrt, der über das Wunder des Fliegens berichtet hat, ist also als verschollen mit diesem Flug verzeichnet worden, und dann auch für Tod erklärt worden."
Der spannende Film kann längst nicht alle Fragen um den "letzten Flug" klären. Aber es gelingt ihm anhand der fast vergessenen Tragödie über die Wirren am Ende des Krieges zu erzählen und wie sie in Familiengeschichten bis heute nachwirken.
Autorin: Margarete Kreuzer