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Christoph Niemann ist einer der gefragtesten Illustratoren der Welt. Mit Mitte 20 zieht er nach New York, arbeitet seitdem international für die größten Magazine. Über 40 Cover hat er allein für den New Yorker gemacht. Redaktionelle Themen umsetzen, unter Zeitdruck. Darin ist er gut. So gut, dass er nach 10 Jahren neue Herausforderungen sucht. 2008 zieht er nach Berlin, will nun eigene Wege gehen. Doch auf sich selbst zurückgeworfen zu sein, ist schwieriger als erwartet.
Kurze Momente, die doch eine ganze Geschichte erzählen. Mal witzig, mal ernst und nie vorhersehbar. Der Illustrator Christoph Niemann ist Meister darin, eine Idee mit so wenig Strichen wie möglich darzustellen.
Was auf dem Papier spontan und federleicht aussieht, ist in Wahrheit ein langer, oft schmerzhafter Prozess. Es reicht nicht, begabt zu sein, für eine gute Idee braucht es vor allem Beharrlichkeit und Ausdauer.
Christoph Niemann, Illustrator
"Talent impliziert ja ein Stück weit, dass was leichter fällt. Wir beide machen eine Sache und dir fällt’s leichter als mir. Und das mag’s geben, aber ich glaube das ist im Endeffekt irrelevant. Ich glaube das ist wirklich eher ne Leidensfähigkeit und Leidensfähigkeit dahingehend, dass der Prozess natürlich frustrierend ist."
Christoph Niemann ist einer der gefragtesten Illustratoren der Welt. Mit Mitte 20 zieht er nach New York, arbeitet seitdem international für die größten Magazine. Über 40 Cover hat er allein für den New Yorker gemacht. Redaktionelle Themen umsetzen, unter Zeitdruck. Darin ist er gut. So gut, dass er nach 10 Jahren neue Herausforderungen sucht. 2008 zieht er nach Berlin, will nun eigene Wege gehen. Doch auf sich selbst zurückgeworfen zu sein, ist schwieriger als erwartet.
Christoph Niemann, Illustrator
"Wenn du zum ersten Mal die eigene Geschichte machst, merkst du natürlich so: hoppla, da will ja keiner was. Da gibts keine Headline, also keine Überschrift, kein Thema. Sondern es ist so – es ist alles dein Problem. Und es ist tatsächlich das Problem musst du erst erfinden. Also du musst praktisch nicht ne Lösung zum Problem finden, sondern du musst ne Lösung finden und das Problem gleichzeitig, die in sich dann so stimmig werden, dass es für Leserinnen und Leser dann so ist: ja natürlich, das musste gemacht werden."
Niemann muss lernen, beim Zeichnen nicht mehr alles kontrollieren zu können. Er muss sich öffnen, den Zufall erlauben. Und vor allem: sich durchbeißen und weitermachen, auch wenn mal gar nichts funktioniert.
Christoph Niemann, Illustrator
"Diese Vorstellung, dass ich unter der Dusche oder beim Spazierengehen ne Idee habe, die geht daher nicht, da ich ja im Kopf nicht richtig Zeichnen kann."
"Ich nehme mir einfach ein Stück Papier und fange an zu zeichnen."
Die Idee entsteht aus dem Zeichnen heraus. In kleinen Schritten.
Christoph Niemann, Illustrator
"Wenn ich jetzt irgendwie das Thema Hund hätte. Was weiß ich, die Ohren vielleicht jetzt so. Und jetzt bin ich grad an den Ohren hängen geblieben. Was ist, wenn ich jetzt sage, ich arbeite weiter mit der Idee von zu langen Ohren. Hab `n zweiten Hund und jetzt fangen die an, sich so verknotet zu haben. Was hat noch `n Knoten drin? `Ne Krawatte hat `n Knoten drin. Zu ner Krawatte brauche ich vielleicht doch `n Mensch. Und jetzt geht das Ohr hier hoch. Dem um den Hals. Hängt das jetzt hier um den Hals als Krawatte rum. Irgendwo glaube ich ist da jetzt was absurdes, weil auch die Machtverhältnisse umgestellt werden. Irgendwo hängt er jetzt eher am Hund."
"Mein Kopf und das Papier sind so wie so zwei Spieler. Das muss erst mal hin und her gehen. Das muss sich entwickeln. Und da muss ich einfach dasitzen und zeichnen und einfach auch ein bisschen Gottvertrauen haben, um zu sagen: ja irgendwas wird schon interessantes passieren."
Es ist viel interessantes passiert. Christoph Niemann hat eine Menge Ideen gehabt und einige davon sind nun in seinem neuen Buch "Idea Diary" zu sehen.
Feinsinnig reizt Niemann die Grenzen des Abstrakten aus. Und zeigt, wie wenig es braucht, um eine Emotion hervorzurufen, um den Blick auf die Welt und vermeintlich Vertrautes zu verändern.
Christoph Niemann, Illustrator
"Ich glaube die Überraschung ist vielleicht die stärkste emotionale Reaktion, weil auch Trauer und auch Lachen hat immer sehr viel mit Überraschung zu tun. Mit irgendwas, wo das eigene Gedankengerüst ja gebrochen wird."
Jahrelanges Üben haben Christoph Niemann lockerer werden lassen und die Arbeit an neuen Ideen weniger leidvoll.
Doch gewisse Ängste bleiben. Davor sich zu wiederholen, eben nicht mehr zu überraschen.
Christoph Niemann, Illustrator
"Du kannst halt das, was ich mache, kannst du immer nur einmal machen. Und im Moment wo du es gemacht hast, muss das nächste mal eben anders sein. Du kannst jetzt nicht zwei mal, oh die Zeichnung hat gestern funktioniert, jetzt mache ich sie gerade noch mal. Das geht halt nicht. Und deswegen ist es immer schon die Frage, war das die letzte oder war das die letzte brauchbare. Ja und ich glaub, das geht auch nicht weg."
Doch vielleicht sind Selbstzweifel ja auch der Antrieb eines Künstlers wie Christoph Niemann. Sein Weg ist nie zu Ende. Es wird immer eine nächste Idee geben.
Autorin: Lilli Klinger