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Lars Eidinger ist einer der außergewöhnlichsten Schauspieler Deutschlands. In LARS EIDINGER – SEIN ODER NICHT SEIN nähert sich Regisseur Reiner Holzemer dem Ausnahmetalent über seine Schauspielkunst und seine künstlerische Biografie. Zum ersten Mal gibt Eidinger dem Zuschauer einen intimen Einblick in seine Arbeitsweise. Neun Monate begleitet Holzemer den Schauspieler mit der Kamera. Er zeigt, wie Eidinger die Hauptrolle des Jedermann bei den Salzburger Festspielen 2021 entwickelt und dokumentiert die intensive Zusammenarbeit zwischen Lars Eidinger und Thomas Ostermeier, Regisseur und Intendant an der Berliner Schaubühne.
"Sein oder nicht Sein."
"Action."
Er gibt alles: Lars Eidinger – Rampensau und Ausnahme-Schauspieler, preisgekrönt und polarisierend. Für einen Dokumentarfilm hat er sich neun Monate begleiten lassen. Ganz nah.
Lars Eidinger, Schauspieler
"Das ist mir aber auch tatsächlich erst spät bewusst geworden, dass es sich da um ein Wagnis handelt oder wie groß das Risiko eigentlich war."
Kostümprobe für den "Jedermann" in Salzburg.
"Also mir gefällt es richtig gut."
Der Film zeigt, wie Eidinger seine Figuren entwickelt. Ausgehend vom passenden Schuhwerk.
Lars Eidinger, Schauspieler
"Ich könnte niemals, niemals in meinen Schuhen auch nur eine Figur wie Hamlet, Richard oder Jedermann spielen. Das funktioniert für mich nur über den Schuh und ich würde sogar behaupten, wenn der Absatz so’ n Stück kürzer ist, kann ich es schon nicht mehr spielen."
Egal ob Theater, Film oder Fernsehen, sein Spiel ist immer mutig, exzessiv – lebt von der Improvisation.
Lars Eidinger, Schauspieler
"Ich glaube an den spielerischen Moment, ich glaube, dass alle Kreativität daher rührt. Ich nehm alles nur aus dem Partner und aus dem Gegenüber. Ich hab noch nie irgendwas, von dem was ich auf der Bühne mach, zuhause mal so für mich geprobt. Wenn da keiner zuguckt, weiß ich gar nicht, was ich machen soll."
Die Kamera stört Eidinger nie – im Gegenteil. Er macht keinen Hehl daraus, dass er Aufmerksamkeit braucht.
Reiner Holzemer, Regisseur
"Also ich konnte eigentlich nie nah genug an Lars dran sein aus seiner Sicht. Und wenn ich mal nicht da war, dann hat er das auch sehr vermisst. Normalerweise, wenn Lars probt, gibt er vielleicht sechzig Prozent hat mir mal erzählt, damit er dann bei der Vorstellung hundert Prozent geben kann. Und so war er ständig unter Beobachtung, das war natürlich dann schon auch am Ende für ihn ein bisschen erschöpfend und so ein Dauerdruck, da immer gut zu performen."
In seinem intensiven Spiel entdeckt man gleichzeitig auch den Menschen Eidinger dahinter.
Lars Eidinger, Schauspieler
"Auf der Bühne, hab ich das Gefühl, bin ich frei, gibt’s auch gar keine Limitierung oder eine Einschränkung und ich kann mich auch auf einer Bühne kurioserweise auf einer Bühne viel mehr fallen lassen, also ich kann mich viel mehr öffnen. Und ich hab auch das Gefühl, dass ich im Spiel mehr ich selbst bin als im Alltag, was ja ein Paradox ist."
Lars Eidinger geht im Spiel an seine Grenzen. Ist verwundbar. Unaufmerksamkeit kränkt ihn dann zutiefst.
Lars Eidinger, Schauspieler
"Was ist das für ein Glockenläuten? Mich dünkt, es…"
- "Was macht ihr denn jetzt, das ist ja ein komischer Moment, was macht ihr jetzt?"
Regisseur
"Wie meinst du?"
Lars Eidinger, Schauspieler
"Warum gehst du jetzt rüber und redest mit ihr?"
Regisseur
"Ich mach das die ganze Zeit und mach Notizen."
Reiner Holzemer, Regisseur
"Das ist wirklich für mich eine der stärksten Szenen in dem Film, wo man so sieht, mit welchem emotionalen Ballast der Körper da auch irgendwie unter Spannung steht und wie er so langsam nach Fassung ringt, also, als kommt er aus einer anderen Welt zurück. Also ich finde das wahnsinnig stark und emotional und es betrifft und berührt mich selber auch."
Lars Eidinger, Schauspieler
"Bitte wir kennen uns nicht, das ist wie wenn du beim Sex das Licht anmachst, das geht nicht."
Eidinger lässt sich nicht in Schubladen stecken: er ist auch DJ, Fotograf und Designer. Als er mit der selbst entworfenen Luxusversion einer Alditüte posiert, erntet er einen Shitstorm, fühlt sich missverstanden. Der Hass setzt ihm schwer zu.
Lars Eidinger, Schauspieler
"Ich werde nicht so richtig fertig mit der Situation, dass man oft mit einem Bild von sich konfrontiert ist, dem man nicht entspricht. Daher kommt ja der Begriff Image, es beschreibt eigentlich die Sicht von jemanden auf mich, und die kann ich auch nicht wirklich korrigieren, da hab ich gar keinen Einfluss drauf. Ich kann nur versuchen, mir selbst gegenüber ehrlich zu sein."
Lars Eidinger, Schauspieler
"Where is the chaos?"
- "Hey, Muschi du, Kuckuck."
Hamlet mit Tourette Syndrom. Ein bisschen extrem ist es schon oft. Mal wild, mal zart. Und immer eindrucksvoll.
Lars Eidinger, Schauspieler
"Darin sehe ich eigentlich meine Hauptaufgabe als Künstler überhaupt, dass ich mich sozusagen zur Verfügung stelle als Projektionsfläche. Und dass die Leute letztendlich nicht wegen mir ins Theater gehen und auch nicht wegen mir in eine Dokumentation gehen, auch wenn sie heißt "Lars Eidinger - Sein oder nicht Sein", sondern am Ende gehen sie immer wegen sich selbst rein und sie wollen sich selbst begegnen."
"Lars Eidinger - Sein oder nicht Sein" ist ein großartiger Dokumentarfilm über einen außergewöhnlichen Schauspieler.
"Der Rest ist Stille."
Autorin: Barbara Block