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Odessa – Berlin. Das ist seit drei Jahren eine Fluchtroute. Über sie haben auch 74 Gemälde aus der Ukraine Berlin erreicht. Sie stammen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert und kamen direkt aus einem Notlager, das nicht mehr sicher war vor Bombenangriffen oder Plünderungen. 60 von ihnen werden jetzt in der Berliner Gemäldegalerie in einer großen Schau gezeigt, im Dialog mit Gemälden der hiesigen Sammlungen.
Die "Thronende Madonna mit Kind und Johannesknaben" des Italieners Francesco Granacci.
"Ecce Homo" des italienischen Barockmalers Bernardo Strozzi.
Oder die Evangelisten Markus und Lukas des Niederländers Frans Hals sind große Schätze, die zur Sammlung des Odesa Museums für westliche und östliche Kunst gehören.
Dazu gehört auch das Gemälde "Der Abend" des Norwegers Frits Thaulow. Er ist ein Meister des Lichts.
Auch der französische Paul Leroy ist dafür bekannt.
Noch wird in der Gemäldegalerie die große Schau aufgebaut.
Die Direktorin Dagmar Hirschfelder und Sabine Lata kuratieren die Ausstellung.
Dagmar Hirschfelder, Direktorin Gemäldegalerie Berlin
"Wir sind natürlich sehr glücklich, dass wir dieses Projekt jetzt wirklich umsetzen konnten, weil es lange auf der Kippe stand, und immer wieder in Frage stand, ob das wirklich gelingen wird. Und ich finde das sehr wichtig, für uns auch ein ganz wichtiges Zeichen der Solidarität mit der Ukraine. Es geht hier darum Kulturgut zu bewahren und zu schützen."
Rückblick 2022: Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine werden die Bilder des Odessa Museums für westliche und östliche Kunst verpackt und sofort in ein Notlager gebracht.
Direktor Ihor Poronyk packt mit an, sichert sein Museum notdürftig mit Sandsäcken. Danach ist es ohne Dauerausstellung.
Ihor Poronyk, Direktor Odesa Museum für westliche und östliche Kunst
"Die Ausstellung ist so etwas wie ein Heiligtum. Und als ich die leeren Wände sah, fing ich an zu überlegen und drängte meine Kollegen, darüber nachzudenken, wie unser Museum und die neuen Ausstellungen aussehen werden. Auf die eine oder andere Weise wird es anders sein. Leere Wände sind eine Chance, eine Chance etwas anderes zu machen."
Ihor Poronyk kontaktiert die Staatlichen Museen und will die Werke in Berlin ausstellen. Im September 2022 werden die Gemälde aus dem Notlager nach Berlin gebracht. Ihor Poronyk begleitet den Transport. In Containern lagert die wertvolle Sammlung an einem geheimen Ort, einem Berliner Speditionshof. Hier werden die Bilder von den Restauratorinnen der Gemäldegalerie auf Beschädigungen und Pilzbefall überprüft bevor sie in die Gemäldegalerie kommen. Die Restauratorinnen der Gemäldegalerie zeigen den Museumsdirektoren ein Bild aus der Werkstatt des venezianischen Malers Jacopo Bassano. Hier hat sich der griechische Gott Zeus in einen Stier verwandelt, weil er die Prinzessin Europa entführen will.
Dagmar Hirschfelder, Direktorin Gemäldegalerie Berlin
"Das finde ich hier toll, dieser melancholische Blick dieses Stiers."
Jetzt hängt das Bild aus der Bassano Werkstatt aus Odessa in der Ausstellung direkt neben einem anderen Bild der Gemäldegalerie der gleichen Maler. 60 Hauptwerke aus dem Odessa Museum hängen in Verbindung mit 25 Arbeiten aus Berlin. Denn fast alle Künstler aus dieser ukrainischen Sammlung sind auch in der Sammlung der Gemäldegalerie zu finden.
Die Sammlung des Odessa Museums erzählt auch ein Stück Stadtgeschichte wie dieses Bild des venezianischen Militärs José des Ribas.
Sabine Lata, Kuratorin "Von Odesa nach Berlin"
"José de Ribas hat im Auftrag von Katharina II den Bau oder die Gründung von Odessa initiiert, in ihm spiegelt sich auch die Internationalität der Stadt."
Im 19. Jahrhundert lebten viele europäische Künstler und Sammler in Odessa. Die stellvertretende Museumsdirektorin Iryna Gliebova ist mit der Geschichte des Porträts von José de Ribas vertraut.
Iryna Gliebova, stv. Direktorin, Odesa Museum für westliche und östliche Kunst
"Er war der erste Bürgermeister von Odessa und baute den Hafen von Odessa. Das Porträt wurde von einem bekannten österreichischen Porträtmaler aus dem späten 18. – frühen 19. Jahrhundert Johann Baptist Lampi dem Älteren gemalt."
Zur Sammlung gehören Gemälde europäischer Künstler des 16. bis 19. Jahrhunderts. Es sind Genrebilder wie Landschafts- und Stadtbilder, oder Stillleben wie die des holländischen Malers Cornelis de Heem. Was wird mit der Sammlung nach der Ausstellung passieren?
Dagmar Hirschfelder, Direktorin Gemäldegalerie Berlin
"Es herrscht weiterhin Krieg in der Ukraine. Wir planen jetzt, dass die Ausstellung nochmal wandert, noch mal in den Westen Deutschlands wandert und gezeigt wird im Kurpfälzischen Museum Heidelberg."
Fürs erste ist die Sammlung des Odessa Museums in Sicherheit. Die Sonderausstellung hält für so manchen eine Entdeckung bereit, denn die Sammlung war so in Deutschland noch nie zu sehen.
Autorin: Margarete Kreuzer