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Stefanie de Velasco hat sich geärgert, dass es kein gutes Buch über die Wechseljahre gibt, also hat sie selbst einen durchdachten Essay geschrieben. Durchdacht in den schlaflosen Nächten, die ihre Veränderungen mit sich bringen. Sehr persönlich und amüsant schreibt sie von grauen Haaren, Selbstzweifeln, Hitzewallungen und nutzlosen Ärzten. Sie bricht mit Tabus, weil sie dem negativen Blick auf die Wechseljahre ihre guten Erfahrungen entgegensetzen will.
Stefanie de Velasco ist Anfang 40, als sie merkt, da passiert was.
Stefanie de Velasco, Autorin
"Es war wirklich so, dass ich das Gefühl hatte, dass irgendwas in mir wütet. Irgendwas will raus, irgendwas ist aufgewacht."
Sie träumt zum Tier zu werden. So erzählt sie in ihrem Essay mit viel Humor den Anfang der Veränderungen.
Stefanie de Velasco, Autorin
"Als ich das erste graue Haar entdeckt habe, habe ich angefangen, mich so ein bisschen zu fühlen wie so eine, wie so eine Wölfin. Weil es auch so parallel lief zu diesen, zu diesen wütenden Attacken, die ich bekam. Und auch diese Schlaflosigkeit."
"Es gab so einen Moment, wo ich dann irgendwann im Badezimmer stand, den beschreibe ich auch in dem Buch, und dachte wirklich so... Ich muss jetzt durch das Fenster springen in die kalte, dunkle Nacht. Und ja, diese Tierwerdung, da konnte ich total viel mit anfangen."
Fünf Jahre lang kämpft sie sich durch Wutattacken und Schlaflosigkeit, bis eine Ärztin ihr sagt: sie sind in der Perimenopause – die Zeit der hormonellen Umstellung. Stefanie de Velasco beginnt, ihre Blutung zu beobachten.
Mit uns besucht sie Josefine Marwehe. In deren Periodenladen soll das Schweigen über Blut und Wut gebrochen werden. Hier gibt es Informationen rund um die weibliche Gesundheit und alternative Periodenprodukte.
Vor einigen Jahren aber fühlte sich Stefanie allein auf ihrem Weg. Sie recherchiert in einer Bibliothek und beobachtet überrascht, wie verspannt sie selbst mit dem Thema umgeht.
Stefanie de Velasco, Autorin
"Als ich dann in das Regal ging, wo die Bücher standen, habe ich mich auch immer so umgeguckt und habe dann diese Bücher so verschämt an mich gedrückt und habe mir einen ganz versteckten Schreibtisch gesucht. Und dachte mir so, was ist denn bei dir los? Da war das tatsächlich so, dass ich in einer Art vorauseilendem Gehorsam mich auch schon so dafür geschämt habe, für den Zustand, in dem ich mich befinde, nämlich die Perimenopause. Es war nicht nur so: Oh, mein Gott, wie armselig ist das, sondern auch so: Oh, mein Gott, wie interessant ist das?"
Stefanie de Velasco, Autorin
"Der Umgang mit der weiblichen Pubertät und der Perimenopause erinnerte mich inzwischen an die Omertà, die Schweigepflicht unter Mitgliedern der italienischen Mafia. Diese kollektive Schweigepflicht war mir offenbar schon lange vorher so tief eingeschrieben worden, dass man mir nicht einmal erklären musste, warum ich über meine Menstruation nicht sprechen durfte."
Die Wechseljahre werden auch als "Pubertät nur rückwärts" beschrieben. Angeblich eine Zeit des Verlustes. Dagegen wird die Pubertät als Coming-of-Age, als großer Aufbruch verklärt.
Stefanie de Velasco, Autorin
"Mit meiner Pubertät und Adoleszenz habe ich eigentlich sehr intensive, ich habe sehr, sehr gute und auch sehr schlechte Erinnerungen. Aber es ist so eine Zeit, die ich eigentlich im Nachhinein als eine ganz tolle Zeit erinnere. Vielleicht glorifiziere ich das auch so ein bisschen. Auf die Pubertät werden wir halt voll gut vorbereitet."
Stefanie de Velasco, Autorin
"Die Wechseljahre sind genau das Gegenteil. Niemand bereitet uns Frauen darauf vor, was eigentlich passiert. Wir werden in diese Zeit einfach hinein, wir stolpern in diese Zeit hinein. Manchmal fallen wir auch wie in einen Abgrund. Und wenn wir dann endlich wissen, was los ist, dann ist es so! Tja, da musste jetzt durch und der beste Teil des Lebens ist jetzt eigentlich auch gelaufen."
Dagegen rebelliert Stefanie de Velasco in ihrem Buch. Sie stößt auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse und entdeckt für sich eine wertschätzende Haltung.
Stefanie de Velasco, Autorin
"Ich habe eigentlich eher das Gefühl und das, was ich inzwischen alles gelesen habe dazu, gibt mir eigentlich Recht, dass dieser hormonelle Wechsel, das Älterwerden von Frauen und dieses Einstellen der Reproduktivkraft zu einer viel größeren Kraft führt. Da könnte ich gleich mal wieder so oder auch wieder so mit dem Schienbein ausholen und es allen Frauen nur so entgegen schreien: Haltet euch die Ohren zu. Das ist alles Schwachsinn. Es kommt eine ganz tolle Zeit und ihr habt überhaupt keine Ahnung, wie toll das sein wird."
Sie findet heraus: die Wechseljahre sind eine Reise zu neuer Stärke: das Gehirn wird effizienter, die Frauen leistungsfähiger. Kombiniert mit ihren Erfahrungen, sieht Stefanie de Velasco sie als Superheldinnen.
Stefanie de Velasco, Autorin
"Arruga, bedeutet Falte auf Spanisch und ist so eine Superheldin, die ich mir, so eine Menopause-Superheldin, die ich mir überlegt habe – und mir manchmal so vorgestellt habe, wie sie so neben den normalen Menschen in der U-Bahn sitzt."
Stefanie de Velasco, Autorin
"Ich habe auch das Gefühl, dass ich mich viel besser durchsetzen kann, dass ich auch mehr weiß, was ich eigentlich will, und dass ich natürlich auch viel mehr Erfahrung habe. Und dieses ganze Zusammenspiel daraus ergibt schon für mich eine Form des Daseins, die für mich so neu ist, dass ich immer nur denke, ich habe jetzt so Superpower!"
Stefanie de Velasco, Autorin
"Ich wünsche mir, dass Frauen viel mehr Führung in Gesellschaften übernehmen sollten, dass dieses Potenzial nicht nur entdeckt wird, sondern, dass es Frauen auch ermöglicht wird, sich auf die Art und Weise einzubringen, wie es für diese älteren Frauen vorgesehen ist."
Autorin: Vera Drude