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In dem Film "Der Tunnel" geht es um zwei kleine Berg-Dörfer in Georgien, durch die der größte Eisenbahn-Tunnel des Landes gebaut werden soll. Als Teil der "Neuen Seidenstraße", geplant von Chinas Staatsführung. Georgien soll zur Brücke zwischen Europa und Asien werden. Den Einwohnern soll es besser gehen. Doch statt besserer Zeiten, gibt es Streiks, Ärger und ein erwachendes Umweltbewusstsein.
Ein kleiner Bahnhof mitten in Georgien. Zweimal am Tag fährt hier der Regionalzug. Seit zehn Jahren steht fest: das wird sich ändern. Denn hier soll einmal die "Neue Seidenstraße" entlangführen. Dafür wird der längste Eisenbahntunnel des Landes gebaut. China steckt hinter dem Projekt und schickt hunderte Arbeiter in das georgische Tal.
Den Einwohnern wurde versprochen: mit der schnellen Bahnstrecke kommen bessere Verhältnisse. Doch es zeigt sich: Ihre Häuser sind in Gefahr, ihre Zukunft ungewiss. Und niemand spricht mit ihnen.
Filmausschnitt, Der Tunnel, Regie: Nino Orjonikidze
"Wenn sie mit den Bauarbeiten über meinem Haus anfangen, was soll ich machen, wenn Steine auf mein Haus stürzen. Ich habe so Angst um meine Familie, unser Haus ist in Gefahr und niemand sagt mir irgendwas. Soll ich gehen oder soll ich bleiben?"
Nino Orjonikidze - Regisseurin
"Das ganze Projekt ist ohne richtiges Fachwissen gestartet. Und ohne die geologischen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten vor Ort angemessen zu untersuchen. Deswegen wurde auch nicht bedacht, welche ökologischen Konsequenzen entstehen werden. Aus diesem Grund wollen sie den Einwohnern auch nicht viel sagen, sondern das lieber vor ihnen verheimlichen."
Auf der Baustelle herrschen unmenschliche Bedingungen. Die Arbeiter haben keine Rechte, sehr niedrige Einkommen, sind ständig Gefahren ausgesetzt. Mit den chinesischen Arbeitern kommt es immer wieder zu heftigen Streits. Nicht einmal einen Übersetzer gibt es.
Filmausschnitt, Der Tunnel, Regie: Nino Orjonikidze
"Ich bin alter Soldat, ich habe ein Abchasien gekämpft. Ich bin total gestresst, nehme die ganze zeit Medikamente. Wollen die, dass ich hier irgendeinen Chinesen umbringe?"
"Verstehst du jetzt? Sie übersetzen gar nichts. Du fragst sie was und sie tun so, als würden sie nichts verstehen, außer wenn sie was brauchen."
Nino Orjonikidze - Regisseurin
"Du lebst jahrzehntelang in deinem Dorf und plötzlich kommt jemand und erklärt dir auf sehr rechthaberische Weise was du tun und nicht tun sollst. Du musst dort arbeiten, weil es keine andere Möglichkeit gibt, Geld zu verdienen. Gleichzeitig begreifst du aber, dass du eigentlich nicht magst, wofür du arbeitest."
Vano Arsenishvili, Regisseur
"Alle Chefs waren Chinesen und teilweise noch jünger. Und das ist sicherlich auch ein Problem, wenn es von georgischer Seite niemanden gibt, der auch für irgendwas verantwortlich ist und das Sagen hat."
Die georgischen Arbeiter treten in den Streik und erreichen damit zumindest einige Besserungen. Was bleibt ist die Zerstörung der Natur. Die Einwohner sehen verzweifelt, wie ihr Land unbewohnbar wird: Erdrutsche, Risse im Boden, Steine und Geröll gefährden Häuser und Vieh.
Filmausschnitt, Der Tunnel, Regie: Nino Orjonikidze
"Das wird als eine verbotene Zone bezeichnet! Es ist gefährlich."
Nino Orjonikidze - Regisseurin
"Einerseits wollen wir natürlich Teil der großen Welt sein, wir wollen frei und schnell kommunizieren, Zugang zu all den Waren haben, die vorhanden sind. Doch gleichzeitig zerstört die Globalisierung den Lebensraum, dem du dich zugehörig fühlst Und man ist irgendwie gezwungen sich zu entscheiden. Ich denke, es wäre hier die Aufgabe des Staates sich zu überlegen: wie kann ich die Menschen, die davon betroffen sind, schützen und unterstützen."
Bis heute sind die Bauarbeiten nicht abgeschlossen. Das Ende ungewiss.
"A tunnel" erzählt eine Geschichte, die so alt ist, wie die Menschheit: wo Fortschritt entsteht, müssen Menschen Opfer bringen, ohne dafür entschädigt zu werden.
Und sie verlieren ihre Art zu leben und ihre Heimat, wie sie sie bisher kannten.
Autorin: Lilli Klinger