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Wie leben Künstler*innen in der Ukraine mit dem Krieg? Obwohl sie die schrecklichste Wochen ihres Lebens erleben, haben sie für rbbKultur Videos aufgenommen. Wie sie sich schützen, wie sie flüchten, ihre Gedanken, ihre Ängste.
Liza German, Kuratorin, Kyjiw
"Heute ist meine dritte Woche in Lwiw und meine zweite Woche als Mutter… Die Straßen sind voll mit Menschen, die auf den Bänken sitzen, Kaffee trinken… Erst langsam ist mir klar geworden, dass heute ein normaler Arbeitstag ist und es normalerweise, hier in Lwiw nicht mal in der Hochsaison so viele Menschen auf der Straße gibt. Das dies keine Touristen sind, sondern Menschen, die geflüchtet sind."
Asia Bazdyrieva, Künstlerin, Krementschuk
"Es sind jetzt vier Wochen vergangen und ich bin immer noch mit meiner Familie zusammen. Die vergangene Woche war äußerst schwierig in Bezug auf die Nachrichten, die aus Mariupol, aus Tschernihiw, aus anderen besetzten oder zerstörten Orten eintrafen..."
Seryozha Morzhov, Aktivist, Mariupol
"3 Wochen ist es her, dass ich zum letzten mal mit meiner Mutter gesprochen habe; Sie lebt im mehr oder weniger geschützteren Teil von Mariupol.
Es gibt kein Gas, keinen Strom, kein fließendes Wasser, aber die Menschen teilen sich das Essen, kochen gemeinsam… versuchen, gemeinsam zu überleben."
Anna Vasylioglo, Video-Künstlerin, Odessa, Ukraine
"Ich habe es einfach nicht für Möglich gehalten, dass die Invasion die ganze Ukraine treffen würde. die Menschen aus Luhansk und Donetsk, sie leben schon seit 8 Jahren unter diesen Umständen. Nun befinden wir uns auch in diesem Zustand.
In Odesa herrscht eine seltsame Stimmung (…)
Ich liebe das Meer. Jetzt ist es mir ein Rätsel, wie man Zeit am Meer verbringen soll. Angeblich sind 82000 Minen im Meer."
Viktoriia Dor-Zymomria und Tomas Hazslinszky, Künstlerin und Musiker, Lwiw
"In der ersten Woche hatte ich Angst, mich an den Krieg zu gewöhnen
… Jetzt erlebe ich einen anderen Prozess: oft stelle ich mir vor, für einen Tag auf einem anderen Planeten gelandet zu sein und mir anzuschauen, was dort geschieht.(…): ich teleportiere mich 50 Jahre in die Zukunft und von dem Standpunkt aus denke ich darüber nach, was mir gerade passiert. Das gibt mir eine Möglichkeit zu verstehen, was um mich herum geschieht."
Pavlo Yurov, Regisseur und Dramaturg, Kyjiw
"Als wir uns Tschernihiw genähert haben sah ich riesige Rauchsäulen, die über die Stadt emporstiegen. Die Silhouetten der Kirchen, zwischen denen sie aufstiegen, waren für mich wie ein archaisches Bild von Widerstand im Mittelalter. die Horde stürzt sich auf die Stadt und brennt Häuser und die Kirchen nieder wie eine zerstörerische Flut, die alles in Flammen aufgehen lässt. Es war ein Stoß in die weit entfernte Vergangenheit."
Anna Vasylioglo, Video-Künstlerin, Odessa, Ukraine
"Es gibt keinen Ort, zu dem ich flüchten kann. Nicht, dass ich keine Möglichkeit hätte, mir fehlt der Wille: für mich ist es mental schwierig, mich als Geflüchtete registrieren zu lassen, meine Familie zu verlassen. Allein das Wort "evakuieren" ist für mich traumatisch."
Asia Bazdyrieva, Künstlerin, Krementschuk
"Vor kurzem habe ich mit einer Freundin telefoniert, die in Berlin ist, Es war der Tag als das Konzert am Brandenburger Tor stattfand: das Friedenskonzert, , und ich war schockiert, weil die Ukraine in genau diesem Moment in Blut ertrinkt und um Hilfe bittet. Meine Freundin fragte mich, ob ich denke, dass diese Art von Friedenskonzerten etwas Falsches ist, und ich sagte: "Ja, denn was meinen sie mit Frieden? Wenn ihr 'Frieden' sagt, was genau meint ihr damit?"
Autor*innen: Mitya Churikov, Charlotte Pollex