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Wie erleben Künstler*innen in der Ukraine den Krieg? Ein Videotagebuch u.a. mit Liza German, die den ukrainischen Pavillon bei der Biennale in Venedig kuratiert.
Wie leben Künstler*innen in der Ukraine mit dem Krieg? Obwohl sie, wie sie selbst sagen, die schrecklichste Woche ihres Lebens hinter sich haben, obwohl sie nicht wissen, was morgen ist, haben sie für rbbkultur Videos aufgenommen. Wie sie sich schützen, wie sie heiße Suppe für Menschen auf der Straße kochen, ihre Gedanken, ihre Ängste. Mit Asia Bazdyrieva, Künstlerin aus Krementschuk, Liza German, Kuratorin aus Kiew, Daniil Galkin, Künstler aus Dnipro, Tomas Hazslinszky, Musiker und Viktoriia Dor-Zymomria, Künstlerin, beide aus Lwiw.
Tomas Hazslinszky, Musiker, Lviw
"Was hier geschieht, das kannst du dir nicht vorstellen, bis du es selbst erlebst. Bis du die die Menschen siehst, die von Angst verzerrten Gesichter. Ganz viele Menschen bekommen Panikattacken. Und Du siehst, wie diese Masse von Menschen flieht, sie fliehen einfach. Du siehst, dass sie nicht den ersten oder zweiten oder dritten Tag auf der Flucht sind."
"Ich bin Tommi ein Musiker..."
Viktoriia Dor-Zymomria, Künstlerin, Lwiw
"...und ich bin Victoria."
"Wir haben uns entschieden hier zu bleiben, nirgendwo hinzufahren, das einzige, was wir machen können, ist zu helfen, Menschen aufzunehmen, den Freunden, die ihre Wohnung verloren haben, ein zu Hause zu geben."
Asia Bazdyrieva, Künstlerin, Krementschuk
"Mein Name ist Asia, ich bin in der Ukraine geblieben. Der Krieg dauert nun schon eine Woche lang und ich kann sagen, das ist bislang die schlimmste Woche meines Lebens gewesen. Ich erinnere mich, es begann am Morgen mit Explosionen in Kiev… Jeder fühlt einen großen Druck und die Tragödie, die sich nun hier abspielt."
Pavlo Yurov, Regisseur und Dramaturg, Kiew
"Ich heiße Pavlo Yurov, ich bin Theaterregisseur. Ich befinde mich in einem Flur von einem Büro, wo die Menschen, die hier arbeiten, sich vor den Beschüssen während des Bombenallarms verstecken. Ich habe große Angst, dass die Stadt eingenommen wird und man es nicht rechtzeitig schafft, das zu stoppen. Ich habe große Angst davor, dass Atomkraftwerke absichtlich zerstört, sabotiert werden. Ich habe auch Angst vor einem atomaren Angriff. Wenn ich auf Social Media die Fotos von meinen Freunden sehe, oder Freunde treffe, dann sehe ich ihre Anspannung in ihren Augen und in ihren Körpern. Niemand bleibt so, wie er oder sie vor dem Krieg war."
Tomas Hazslinszky , Musiker, Lwiw
"Ich habe noch nie so einen Schock in meinem Leben erlebt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass man so etwas fühlen könnte, das Gefühl ist unglaublich stark, es ist nicht nur eine sehr starke Angst, ich fühle mich komplett verloren."
Liza German, Kuratorin, Kiew
"Ich heiße Liza German, ich bin Kunsthistorikerin und Kuratorin aus Kiew. Ich bin hier geboren, hier aufgewachsen und habe mich entschieden, hier zu bleiben, nach der Invassion von russischen Truppen in das Territorium der Ukraine. Wir haben uns dagegen entschieden, in den Luftschutzbunker zu gehen, stattdessen haben wir, ich und mein Mann Evgen, unsere Wohnung umgebaut. wir haben die Fenster abgedichtet und zugeklebt. Um uns vor Explosionen zu schützen, haben wir den Raum, in dem wir schlafen von dem Raum, der zur Straße führt, getrennt."
"Dieses Jahr bin ich eine von drei Kuratorinnen, die den ukrainischen Pavillion in Venedig bespielt. Unsere Ausstellung auf der Biennale in Venedig soll ganz normal am 20. April stattfinden. Ich hoffe, wir schaffen das, zumindest wir geben uns alle große Mühe das möglich zu machen, sonst würden wir verrückt werden."
Daniil Galkin, Künstler, Dnipro
"4. März, 2022, Dnipro, Ukraine. Ich bin Daniil Galkin, Künstler. Ich weiß nicht was schlimmer ist, weit weg von den Menschen zu sein, die einem nahe sind, während des Krieges in der Ukraine oder ruhelos hier seit sieben Tagen zu warten, bis die Stadt von den Okkupanten eingenommen wird. Während das ganze Land Ukraine bombardiert wird, die Gegend, wo sich viele Menschen befinden, die einem nah sind. Ich habe mich entschieden hier zu bleiben, hoffentlich bis zum Sieg."
Asia Bazdyrieva, Künstlerin, Krementschuk
"Genauso, wie wir auf die Hilfe von Euch angewiesen sind, seid ihr auf uns angewiesen, auf unsere Fähigkeit, Widerstand zu leisten, zu sprechen und den Kampf fortzuführen. Ein Kampf nicht nur für die Ukraine, sondern ein Kampf für die Menschlichkeit."
Viktoriia Dor-Zymomria, Künstlerin, Lwiw
"Ich habe große Angst mich an diesen Zustand zu gewöhnen, ich fange schon an, ein anderes Gefühl zu bekommen, als während der ersten Tage. Ich schaue jetzt die Nachrichten vom Krieg und morgen die gleichen Nachrichten."
Pavlo Yurov, Regisseur und Dramaturg, Kiew
"Was morgen passiert, dass weiß ich nicht."
Autor*innen: Mitya Churikov, Christine Thalmann