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Podcast | Musikserie - Die 20er Jahre

Die 20er Jahre – ein Mythos, der längst entzaubert ist, und der doch immer erneut beschworen werden kann. Man denkt vielleicht an die "Dreigroschenoper", an Claire Waldoff und Marlene Dietrich (deren "Blauer Engel" 1930 herauskam). Die wilden, brüllenden, elenden und erledigten Zwanziger waren das erste Jahrzehnt, dem ein eigener Charakter zugebilligt wurde. Nur: Worin besteht er? Sendereihe in 21 Folgen von Kai Luehrs-Kaiser.

Revuegirls in "Wien lacht wieder". Ausstattungs-Revue von Karl Farkas und Fritz Grünbaum, 1929; © dpa/brandstaetter images/Wilhelm Willinger
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Musikserie - Das verpasste Jahrzehnt: Die Zwanziger, Steckbrief einer Epoche (1)

Als Brückenjahrzehnt zwischen dem Ende des I. Weltkriegs und den fatalen 30er Jahren repräsentieren die 20er Jahre eine Epoche unversehens neuer Möglichkeiten und Chancen, des Aufbruchs und Übergangs. Freizügigkeit, Desorientierung und der Abschied von gestern sorgen für einen nie gekannten Wildwuchs in den Künsten. Auch in der Musik. Davon wird wenig übrigbleiben. Die Protagonisten emigrieren oder verfallen den Verhältnissen. Die 20er Jahre, in ihren Potentialen unausgeschöpft?

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Der Komponist Richard Strauss, Photographie um 1895; © dpa/brandstaetter images
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Musikserie - Explosion der Stile: Wer ist der Erbe der Spätromantik? (2)

Zuvor stand alles im Zeichen ‚wilhelmischer Einheit‘. In den 20ern dagegen zerstieben die Stile in alle Windrichtungen. Die Fülle unvereinbarer Ästhetiken: beispiellos. Oder liegt das nur daran, dass ein großer Erbe der Spätromantik (und des Jugendstils) fehlte? Die heute erfolgreichsten Komponisten damaliger Zeit scheinen aus den 20er Jahren wie herausgefallen. Richard Strauss und Serge Rachmaninoff hatten ihre schwächste Phase.

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Dmitri Schostakowitsch, ca. 1940; © imago-images.de/Courtesy Everett Collection
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Musikserie - Die Kunst wird politisch (3)

Im Schönheitskult früherer Zeiten hatte das Politische keinen Platz. Nach der Russischen Revolution, während die Sozialdemokratie erstarkt und der Faschismus sich formiert, wird auch Musik politisch – und zur sozialen Frage. Brecht und Weill feiern mit der „Dreigroschenoper“ ihren weltweit größten Erfolg. Die staatstragenden Kantaten von Serge Prokofiev und Dmitri Schostakowitsch sind noch fern. Schon die Fanfaren von dessen 1. Sinfonie (1924/25) radikalisieren den politischen Gehalt.

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Béla Bartók; © dpa/Leemage
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Musikserie - Salonwerdung der Volksmusik? Die Entdeckung der Scholle (4)

Die Metropolen wachsen, die Arbeitslosigkeit auch. Aus den Städten heraus pilgern junge Komponisten mit Notizblöcken über Land, um alte Weisen, volksmusikalisches Material aufzuzeichnen – und ihren Werken regionalen, teilweise auch nationalen Grund zu geben. Béla Bartók und Zoltan Kodály gehen dabei weit systematischer vor als früher Haydn und Brahms. Sie sind bis heute lebendig. Auch Alte Musik erstarkt.

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Hurra wir leben noch! – Louis XV. und Madame Pompadour; © dpa/akg-images/Ernst Schneider
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Musikserie - Im Garten der Lüste: Befreiung der Sinne in der Musik (5)

Die Operette entdeckt Laszivität und Frivolität auf der Bühne. Das Theaterpublikum feiert anzügliche Stars wie Fritzi Massary, Josephine Baker und Mistinguett. Und androgyne wie Elisabeth Bergner und Marlene Dietrich. Mätressen wie die „Pompadour“ von Leo Fall werden die Heldinnen der neuen Zeit. Die „Frau, die weiß was sie will“, ist das erotisch emanzipierte Zentrum ihrer Zeit.

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Der österreichische Komponist Arnold Schönberg, Wien, 1922; © dpa/brandstaetter images/Franz Xaver Setzer
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Musikserie - Anarchie und Regelwahn: Atonalisierung in der Musik (6)

Mit der zunächst freien Atonalität, danach mit Arnold Schönbergs Zwölftonmusik versucht die Zweite Wiener Schule letztmalig eine verbindliche Kompositionsmethode zu etablieren. Als solche, nämlich als scheinbar ‚geschichtslogische‘ Konsequenz, bildet sie bis heute ein Paradigma. Genau darin verkörpert sie auch ein Gegenmodell zum Wildwuchs der Stile drum herum. Und provoziert – als Bürgerschreck – bis heute.

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Siegfried Wagner (1869-1930); © dpa/Fine Art Images/Heritage Images
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Musikserie - Traditionsgewinnler, Traditionsverlierer: Die Last des Gestern (7)

Im konservativen Lager leben die Modelle vor allem Richard Wagners unvermindert fort. Dessen Sohn Siegfried füllt mit Märchenspielen und Komödien („An allem ist Hütchen schuld!“) die vom Meister offen gelassenen Lücken. In der Literatur, auch in der besten (Joseph Roth), blüht ein sentimentaler Umgang mit der Vergangenheit. Die Drastik moderner Welt-und Kriegs-Erfahrung lässt dies merkwürdig gestrig erscheinen.

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"Der Golem" – Albert Steinruck, Paul Wegener, 1920; © dpa/Everett Collection
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Musikserie - Das Unheimliche (8)

Wo alles rationalisiert und wissenschaftlich durchschaubar gemacht wird, schießen Mythen des Unerklärlichen umso pittoresker, teilweise bedrohlicher ins Kraut. Gustav Meyrinks „Golem“, verfilmt 1920, ebenso „Kabinett des Doktor Caligari“, die Opern von Korngold und d’Albert feiern das Dunkle, Beunruhigende und Numinose. Man gebiert Monster und Mutationen. Und bringt einige der wirkungsvollsten Werke bis heute hervor.

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Kurt Schwitters, um 1924; © dpa/Fine Art Images/Heritage Images
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Musikserie - Neue Sachlichkeit, Neue Unsachlichkeit und "Lady Dada" (9)

Der Nonsense wird entdeckt. Oder wie anders wären Kurt Schwitters "Ursonate", Paul Hindemiths "Das Nusch-Nuschi" und der Grotesktanz einer Valeska Gert zu erklären? Erik Satie kommt schon! Klarere Fall: Wenn man alles in Sinn aufzulösen versucht, bleibt nur eines: Die Sehnsucht nach Unsinnigem. Dafür gab es längst Vorläufer, aber keine eigene Disziplin.

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Richard Wagner; © dpa/Archives-Zephyr/Opale.photo
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Musikserie - Drogen, Süchte, Selbstverluste (10)

Schon Wagner hatte einen narkotischen Gebrauch der Künste empfohlen und praktiziert. Sein musikalisches Gesamtkunstwerk zielte auf Einhüllung (wenn nicht Einlullung). Auf Selbstverlust und die Kunst als Droge. Darin war er visionär. Im Kino wird der Eskapismus in den 20er Jahren breitenwirksam – als Massenphänomen. Die Filmmusik ist geboren, die „absolute Musik“ wird relativ.

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Sigmund Freud, 1921; © Max
dpa/brandstaetter images/Max Halberstadt

Musikserie - Das Unbewusste, hier wird’s Ereignis: Psychologie als Leitmotiv (11)

Undeutliche psychologische Anziehungskräfte wirken schon in Goethes „Wahlverwandtschaften“ und Kleists „Käthchen von Heilbronn“. Was in den Opern von Franz Schreker oder Alexander von Zemlinsky aber an dunklen Kräften waltet, ist daraus nicht zu erklären. Hier schlägt der Boom der Psychoanalyse Freuds musikalisch zu Buche.

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Der russische Tänzer und Choreograf Vaslaw Nijinsky, um 1922; © dpa/UPI
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Musikserie - Emanzipation des Tanzes (12)

Die Ballets russes des Impresarios Serge Diaghilev feierten schon in den 10er Jahren ihre größten Erfolge, mit Werken von Strawinsky und de Falla sowie Nijinskys Choreographie zu Debussys „Prélude à l'après-midi d’un faune“. Mit dem Auftritt von Georges Balanchine in den 20er Jahren wird die Einheit von Musik und Tanz programmatisch, in Strawinskys „Apollon musagète“. Mit Rudolf von Laban und Mary Wigman wird der Tanz – als neue Dimension – auch schulisch institutionalisiert (Dresden 1920). Charleston, Shimmy und Foxtrott werden populär.

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Bauhaus-Orchester, Bauhaus Dessau, um 1931; © dpa/akg-images
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Musikserie - Lasst eckige Welten um mich sein: Das Bauhaus und der Konstruktivismus (13)

Das Bauhaus zieht 1925 von Weimar nach Dessau um. Für die Musik bleibt das nicht folgenlos, wenn man an "funktionales" Komponieren der Neuen Sachlichkeit denkt. Es gab sogar eine Bauhauskapelle. Es entsteht „Gebrauchsmusik“. Auch der Kubismus und die abstrakte Kunst, längst etabliert, färben auf die 20er Jahre ab, werden marktgängige Ware. Als nichtgegenständliche Kunst, wie man sie betrachtet, war die Musik immer schon dort, wo man jetzt angekommen ist. So abstrakt, wie die Musik immer schon war, kann die Kunst gar nicht werden.

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Musikserie - Und heute die ganze Welt: Die Erfindung der Internationalität (14)

Schon Wagner und Mahler reisten nach Amerika. Doch erst in den 20er Jahren, mit Erfindung der Medien, bleiben Karrieren nicht mehr auf Europa beschränkt. Opernstars gastieren wie selbstverständlich an der Metropolitan Opera und am Teatro Colón. Mit Leopold Stokowski, Fritz Reiner und Pierre Monteux werden erste Dirigenten zu Stars in den USA. Die internationale Karriere ist da – und wird für viele Künstler zum Ideal.
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