Buchpremiere: Oben Erde, unten Himmel von Milena Michiko Flašar am 21.02.2023 im Studio 14; © www.ernst-fotos.de
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Buchpremiere im Studio 14 – rbb Dachlounge - Milena Michiko Flašar: "Oben Erde, unten Himmel"

Der Literaturpodcast von rbbKultur und dem Literarischen Colloquium Berlin

Am Mikrofon: Anne-Dore Krohn

"Es geht ganz viel um diese Grenze: Was ist schon zu privat und was noch nicht? Und wieviel Beziehung brauchen wir eigentlich, um uns an unser eigenes Menschsein anzubinden? Was bedeutet es, für jemanden zum Beispiel einen kleinen Umweg zu gehen? Das ist genau das, wozu Herr Sakai Suzu zwingt. Seine Nachbarn zu kennen, ist für ihn eine Art Achtsamkeit ihnen gegenüber, aber dann auch die Bereitschaft, ihnen zu helfen. Wenn sie das denn möchten bzw. darum bitten." Milena Michiko Flašar

Am 21. Februar 2023 fand die Buchpremiere von Milena Michiko Flašars Roman "Oben Erde, unten Himmel" statt. In ihrem fünften Buch erzählt die Autorin von der jungen Suzu, die in einer japanischen Großstadt lebt, "Alleinstehend, mit Hamster", so schreibt sie es in ihr Profil der Dating-Webseite. Doch dann beginnt sie als Reinigungskraft in einer Leichenbeseitigungsfirma zu arbeiten – eine Firma, die sich auf die "Kudokushi" spezialisiert hat – lange unbemerkte Todesfälle. Die neue Arbeit, die Kollegen, ihr Chef, Herr Sakai und der ständige Umgang mit dem Tod stellen Suzus Leben komplett auf den Kopf.

Wie die letzten beiden, sehr erfolgreichen Romane der Autorin spielt auch dieser wieder komplett in Japan. 2018 erzählte Milena Michiko Flašar in "Herr Kato spielt Familie" von einem Rentner, der nach einer neuen Rolle sucht, 2012 in "Ich nannte ihn Krawatte" von zwei Männern, die sich auf einer Parkbank begegnen und sich einander anvertrauen. Milena Michiko Flašar ist mit einer japanischen Mutter und einem österreichischen Vater in Österreich aufgewachsen – Japanisch lernte sie von ihrer Mutter, in den Ferien fuhren sie oft zu den Großeltern nach Japan:

"Ich habe eine persönliche Vorliebe für Japan, ich lese vor allem japanische Literatur, schaue japanische Filme, spreche Japanisch mit meinem Sohn. Ich finde in Japan etwas Atmosphärisches, etwas Stimmungsvolles, das ich so in Österreich nicht zu finden glaube. Und es ist für mich die ideale Kulisse, vor der ich gerne meine Figuren und meine Themen ausbreite. Das hat mit der Stimmung zu tun."

Die Themen, die Flašar in ihren Büchern verhandelt, sind aber nicht rein japanisch, sondern universal. Einsamkeit, Fremdheit, Wahlfamilien, der Umgang mit dem Tod, der gesellschaftliche Druck – es sind immer wieder diese Themen, die Flašar aufgreift. Sie legt ihr Augenmerk auf die Leerstellen, Dissonanzen und Illusionen unseres Zusammenlebens. Und so existenziell und traurig die Geschichten auch oft sind, aus Flašars Büchern weht gleichzeitig immer auch ein versöhnlicher, tröstlicher Geist.

Ein Mitschnitt der Buchpremiere in der rbb Dachlounge Studio14 vom 21. Februar 2023, in Zusammenarbeit mit dem Wagenbach Verlag.

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