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Die Debatte mit Natascha Freundel, Juri Andruchowytsch und Werner Schulz - Die Ukrainisierung Europas

Juri Andruchowytsch: "Sprechen wir über die Ukrainisierung Europas."

Wiederholung vom 3.3.2022

Er war Bürgerrechtler und Menschenrechtler, er war Europäer und Europa-Parlamentarier. Den 9. November hätte er gern als offiziellen Tag der deutschen Einheit gesehen. Am 9. November 2022 - bei einer Veranstaltung des Bundespräsidenten über diesen historisch vielschichtigen Tag - ist Werner Schulz plötzlich zusammengebrochen. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, der auch Arzt ist, versuchte noch, den Grünen-Politiker zu reanimieren, vergeblich. Der Politiker wird fehlen, seine Worte bleiben. – Eine Woche nach Kriegsbeginn war Werner Schulz zusammen mit dem ukrainischen Schriftsteller Juri Andruchowytsch zu Gast in "Der Zweite Gedanke".

Ich würde heute nicht über die Europäisierung der Ukraine sprechen, sondern über die Ukrainisierung Europas. Wir sind heute die Avantgarde dieser europäischen Idee. Und wir kämpfen für diese Idee jeden Tag und jede Stunde und jede Minute. Und leider zahlen wir für die Idee auch mit ukrainischen Leben, vor allem unserer zivilen Bevölkerung.

Juri Andruchowytsch

Wir können jetzt den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag einschalten. Ich würde gerne sehen, dass Putin, Medwedjew, Lawrow und all diese Kriegsverbrecher dort genauso sitzen, wie Milosevic, Karadzic und Mladic da saßen.

Werner Schulz
Juri Andruchowytsch (© Valentyn Kuzan) und Werner Schulz (© privat)

Gäste

Juri Andruchowytsch, geboren 1960 in Iwano-Frankiwsk/Westukraine, dem früheren galizischen Stanislau, studierte Journalistik und begann als Lyriker. Außerdem veröffentlicht er Essays und Romane. Andruchowytsch ist einer der bekanntesten europäischen Autoren der Gegenwart, sein Werk erscheint in 20 Sprachen. 1985 war er Mitbegründer der legendären literarischen Performance-Gruppe Bu-Ba-Bu (Burlesk-Balagan-Buffonada). Mit seinen drei Romanen "Rekreacij " (1992; dt. Karpatenkarneval, 2019), "Moscoviada" (1993, dt. Ausgabe 2006), "Perverzija" (1999, dt. Perversion, 2011), die unter anderem ins Englische, Spanische, Französische und Italienische übersetzt wurden, ist er unfreiwillig zum Klassiker der ukrainischen Gegenwartsliteratur geworden. In Deutschland wurde Andruchowytsch u.a. mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet (2006), mit dem Hannah-Arendt-Preis (2014) und der Goethe-Medaille (2016). Zuletzt erschien "Die Lieblinge der Justiz" (2020; alle: Suhrkamp). Er lebt in Iwano-Frankiwsk.

Werner Schulz (* 22. Januar 1950 in Zwickau; † 9. November 2022 in Berlin) war von 1990 bis 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages und von 2009 bis 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments. Als Bürgerrechtler in der DDR war er seit 1970 in der kirchlichen Friedens-, Ökologie- und Menschenrechtsbewegung aktiv. Er war Mitglied im Neuen Forum und der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. 1990 wurde er Sprecher und parlamentarischer Geschäftsführer von "Bündnis 90", er leitete die Verhandlungsdelegation zum Zusammenschluss mit den Grünen. Während der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder war Werner Schulz wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er war der einzige Abgeordnete der rot-grünen Koalition, der dem dritten und vierten Hartz-Gesetz nicht zustimmte und galt seit seiner Kritik am Vorgehen der rot-grünen Regierung 2005 in seiner Partei als isoliert. Schulz war stellvertretender Vorsitzender im Stiftungsrat der Stiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur und Mitglied im Präsidium des Evangelischen Kirchentages. Schulz war Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Friedliche Revolution in Leipzig. Er lebte bei Berlin.

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Debatte mit Natascha Freundel & Gästen - Der Zweite Gedanke

Hier geht es um alles, was unser Miteinander betrifft: Bildung, Demokratie, Freiheit, Klima, Städtebau - Themen und Fragen unserer Zeit. rbbKultur-Redakteurin Natascha Freundel spricht mit zwei Gästen, die wissen, wovon sie reden. Philosophisch und persönlich. Kritisch und konstruktiv. Immer auf der Suche nach dem zweiten, neuen Gedanken.

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