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Gehen zwischen Erholung, Selbsterfahrung und Protest
„Spaziergänge“ nennen sich die Versammlungen, mit denen Gegner der Corona Maßnahmen oft lauthals ihren Unmut kundtun. Ein Etikettenschwindel. Das gemeinsame Gehen kann zwar durchaus eine Form des friedlichen Protests sein - wie bei Gandhis Marsch, den Ostermärschen oder den Gedenkmärschen in Bosnien. Meist verfolgen Menschen jedoch kein politisches Ziel, wenn sie wandern, pilgern oder spazieren gehen. Sie nehmen eine Auszeit vom Alltag, verzichten auf einige Sicherheiten, suchen Begegnungen, bei denen Stand und Titel keine Rolle spielen. Wandernde verlieren sich in "Gedankengängen", sie nehmen die Umwelt und sich auf neue Weise wahr. Bei Geh Meditationen, einer besonders achtsamen Form des Gehens, ist der Schritt so verlangsamt, dass er mit einem Atemzug zusammenfällt.
Von Mechthild Müser