Dokumentarfilm - "Artemis - Das unendliche Streichquartett“
Das Artemis Quartett ist eines der erfolgreichsten Streichquartette der Welt. Im letzten Jahr hat es seinen 30. Geburtstag gefeiert, doch eine zufriedene Rückschau war nicht möglich. Das Quartett hat in den vergangenen Jahren schwierige Zeiten durchlebt und so ist das Jubiläum zugleich ein fundamentaler Neustart mit zwei neuen Musikern.
Wohl kaum ein Streichquartett musste so viele personelle Veränderungen überstehen, auch so viele Schicksalsschläge wie das Artemis Quartett. Dieses Schicksal ist besonders berührend und aktuell, denn immer wieder fanden neue und alte Mitglieder des Streichquartetts die Kraft und die Vision, den Mythos Artemis fortzuschreiben.
Zum 30-jährigen Jubiläum begann Hester Overmars einen Dokumentarfilm, der schon bald ein Zeugnis eines erneuten Überlebenskampfes wurde. Overmars gelingt es eindringlich, feinfühlig und berührend darzustellen, was es heißt, ein Streichquartett zu bilden und zu sein. Diskussionen, Reibereien, Humor, endloses Reisen, immer Bestleistung, auch wenn man nicht so gut drauf ist.
Das ist das eine. Aber auch Glück der Musik, immer nach der Kraft und der Komplexität der Musik suchen. Als Friedemann Weigle sich das Leben nimmt, kämpft Eckart Runge gerade mit Krebs. Alles scheint aussichtslos, aber man rauft sich wieder zusammen, formiert sich neu, versucht, den ursprünglichen Impetus des Quartetts wiederzugewinnen. Und dann merkt das Gründungsmitglied Runge, dass es nicht geht. Er sagt für ihn, aber der Film zeigt ganz klar, es geht überhaupt nicht. Dann steigt auch Anthea Kreston aus. Trotzdem machen die verbleibenden Gregor Sigl und Vineta Sareika weiter. Ob es gelingt, ist offen. Aber die unbedingte Suche nach dem Sinn der Musik und letztlich sogar des Lebens geht weiter. Gerade in Zeiten von Corona ein bewegender, wichtiger Film.
Clemens Goldberg, rbbKultur