Drama - "Narziss und Goldmund"
"Narziss und Goldmund" ist eine der berühmtesten Erzählungen von Hermann Hesse. Die Geschichte über die Freundschaft des frommen Mönchsgehilfen Narziss mit dem lebenslustigen Schüler Goldmund gehört zu den Büchern, die vermutlich jeder mal irgendwann gelesen hat – egal ob in der Schule oder im späteren Leben.
Eine Erzählung von Hermann Hesse auf die Leinwand zu bringen, ist jedoch gar nicht so einfach. Nicht umsonst hat sich der Autor zu seinen Lebzeiten immer gegen eine Verfilmung seiner Bücher gewehrt. Ihm ging es weniger um die Handlung als um das, was in den Köpfen seiner Figuren stattfindet: Philosophie, Theologie – und die Liebe, die im Falle von "Narziss und Goldmund" eine ganz entscheidende Rolle spielt.
Oscar-Gewinner verfilmt Nobelpreisträger
Der österreichische Oscar-Gewinner Stefan Ruzowitzky ("Die Fälscher") hat es trotzdem gewagt. Sein Film beginnt mit einer Rückblende in die Zeit, in der sich Narziss und Goldmund das erste Mal begegnen: Der junge Goldmund (Jeremy Miliker) schaut zu dem älteren und erfahrenen Narziss (Oskar von Schönfels) auf. Er will unbedingt dessen Freund werden, buhlt um seine Aufmerksamkeit – und mit der Zeit entwickelt sich tatsächlich eine enge Beziehung zwischen den Beiden.

"Game of Thrones" der Dreißigerjahre
Doch irgendwann kommt die Trennung: Narziss (in späteren Jahren Sabin Tambrea) entscheidet sich, Mönch zu werden. Goldmund (Jannis Niewöhner) hingegen zieht hinaus in die Welt, weil er die Enge des Klosters nicht mehr ertragen kann. Doch spätestens ab diesem Punkt gehen Regisseur Ruzowitzky die Pferde durch.
Rauschende Liebesnächte am Lagerfeuer, neckische Versteckspiele mit einem Burgfräulein, dazu eine Vergewaltigung, ein Kampf um Leben und Tod und eine Odyssee durch pestverseuchte Landschaften: Aus der behutsamen, nachdenklichen Geschichte einer Freundschaft wird mehr und mehr ein Actionfilm: Als eine Art "Game of Thrones der Dreißigerjahre" hat Ruzowitzky die Geschichte gelesen – und so sieht sein Film auch aus.
Bizarre Charaktere
So sehr sich die beiden Hauptdarsteller auch mühen: Opulente Mittelalter-Bilder und bizarre Charaktere und dazu Dialoge, die teilweise eins zu eins aus der Buchvorlage stammen – diese Kombination geht auf Dauer nicht auf. Goldmunds Lebensreise, von Hesse als Coming-of-Age-Geschichte eines jungen Klosterschülers angelegt, wird am Ende zur kitschigen Tragikomödie.
Immerhin: Ein Gutes hat der Film doch. In dem Bemühen, die Handlungsstränge zu entwirren, habe ich zum ersten Mal seit Jahrzehnten das Buch wieder in die Hand genommen.
Carsten Beyer, rbbKultur