
Finnische Serie im ZDF - "Arctic Circle – Der unsichtbare Tod"
In den letzten Jahren sind die Science-Fiction-Visionen des Kinos der Realität immer nähergekommen, oft waren sie der Wirklichkeit nur ein paar Jahre voraus. Wenn man heute den 2011 entstandenen Seuchen Thriller "Contagion" anschaut, dann war der Filmvirus zwar um Einiges aggressiver als der Corona-Virus, der die Welt derzeit in Atem hält.
Doch was Verbreitung und Eindämmung betrifft, wirkt der Film heute wie eine Blaupause für die jetzige Situation. Nun könnte man meinen, dass die Menschen derzeit keine Lust auf Weltuntergangsszenarien mit Viren haben, doch Filme wie "Contagion" oder "Outbreak" oder Serien wie "The Walking Dead" gehören gerade zu den Rennern bei den Streaming Diensten. Mit der zehnteiligen Serie "Arctic Circle" bietet auch ZDFneo einen Beitrag zur Virenthematik.
Ein Winterkrimi wandelt sich zum Virenthriller
Die Serie beginnt als Winter-Krimi: Lokale Polizisten fahnden im verschneiten Lappland nach Rentierwilderern und finden im Keller eines verlassenen Hauses eine halbtote Russin. Kurz darauf bergen sie zwei gefrorene Leichen aus dem Eis. Bei den Frauen handelt es sich um russische Prostituierte, die in sogenannten "Hurenbussen" durch die bevölkerungsarme Schneelandschaft touren. Ein Serienmörder treibt sein Unwesen.
Doch es gibt einen noch gefährlicheren Feind: Bei der Untersuchung der Leichen finden die Pathologen einen unbekannten Virus im Blut der Mädchen. Dieser Fund alarmiert eine FBI ähnliche Behörde in Finnland und die Virologen am europäischen Institut für Erforschung und Kontrolle von Epidemien in Helsinki. Gleichzeitig werden auf der anderen Seite der Grenze einige sehr gefährliche Gestalten der russischen Mafia unruhig, außerdem mischt noch ein deutscher Pharmaindustrieller mit.
Der deutsche in Helsinki arbeitende Virologe Thomas Lorenz (Maximilian Brückner) stellt bald eine Verbindung zu einem bereits bekannten Virus her, dem sogenannten (fiktiven) Jemen-Virus. Es wird in Verbindung mit Herpes übertragen und stellt eine tödliche Gefahr für schwangere Frauen und ihre Föten dar. Es wächst der Verdacht, es könne sich um eine biologische Waffe handeln, um einen Angriff, der sich gezielt gegen die muslimische Bevölkerung richtet, ein heimlicher, schleichender Genozid. Nachdem das Virus rund sechstausend Kilometer von Lappland entfernt bereits ein ganzes Dorf ausgelöscht hat, stellt sich jetzt die Frage wie es jetzt von den abgeschiedenen Bergen der arabischen Halbinsel in die Schneelandschaften Finnlands gekommen ist.
Atemraubende Schauplätze sind mehr als nur Kulissen
Einsame, von Schnee und Eis bedeckte Landschaften, in denen nur wenige Menschen leben, eisige Temperaturen, die die Bewegungsfreiheit einschränken, dicke Schneedecken, die sich zu Wänden auftürmen und oft nur mit Schnee-Scootern zugänglich sind. Der Schauplatz ist nicht einfach nur Kulisse, sondern ein weiterer Hauptdarsteller und integraler Bestandteil der Handlung.
Atemraubende Landschaften eröffnen sich in immer neuen Perspektiven und Stimmungen, im Nebel, im gleißenden Sonnenlicht, in der Nacht. Dazu gesellen sich weitere stimmungsvolle Schauplätze, ein Schrottplatz, karge Schuppen, heruntergekommene Wohnungen, ein unterirdisches Höhlensystem, das ein Relikt aus dem zweiten Weltkrieg ist, und schließlich ein Luxus Resort, eine Quaderarchitektur mit riesigen Glaswänden, als Schutz gegen die Kälte und Ausblick auf spektakuläre Landschaftspanoramen. Alles in allem ein echter Augenschmaus, der sogar mit berühmten Schneekrimis wie "Fargo" konkurrieren kann.

Internationale Vernetzung
Die Serie ist eine deutschfinnische Co-Produktion, doch der Einsatz deutscher Schauspieler wie Maximilian Brückner und Clemens Schick wirkt völlig plausibel. Grenzüberschreitende Verbrechen und eine drohende Viren-Pandemie fordern internationale Vernetzungen bei Ermittlung wie Forschung. Auch wenn die Liebesgeschichte zwischen dem deutschen Virologen und der finnischen Polizistin ein wenig vorhersehbar anmutet, können Maximilian Brückner und seine finnische Kollegin Iina Kuustonen überzeugen.
Den Vorwurf mancher Kritiker, dass die Serie schnell an Drive verliere, würde ich energisch zurückweisen. Ganz im Gegenteil, es dem finnisch deutschen Regisseur Hannu Salonen, der bereits diverse Tatort- und Polizeiruf 110- Folgen inszeniert hat, hoch anzurechnen, dass er seiner Geschichte und seinen Figuren Raum zum Atmen gibt, statt nur hyperaktiv durch die Landschaft zu hetzen. Spannend bleibt es trotzdem!
Anke Sterneborg, rbbKultur