
Komödie - "The Climb"
"The Climb" ist eine etwas andere Buddy-Komödie, die bereits auf internationalen Festivals in Cannes, Deauville und Sundance erfolgreich gelaufen ist und jetzt bei uns ins Kino kommt. Das Regiedebüt des Schauspielers Michael Angelo Covino ist eine Hommage an seine Männerfreundschaft mit Kyle Marvin, der zugleich Co-Autor des Drehbuchs ist. En passant untersucht er dabei auch gängige Männerbilder.
Erzählerische Ellipsen
"The Climb" heißt übersetzt "der Anstieg", der Titel bezieht sich auf eine Fahrradtour, die zwei amerikanische Freunde, Mike und Kyle, in Südfrankreich unternehmen. Mike wirkt athletisch und zielstrebig, Kyle eher unsportlich, aber sehr begeistert. Sowas sollten sie doch jetzt öfter machen, meint er keuchend und beginnt von seiner Braut Ava zu schwärmen, eine Frau, die ihn so liebe wie er sei, für die er sich nicht verstellen müsse, mit der er nun das ganze Leben zusammen sein dürfe. Die Harmonie des Moments wird jäh zerstört, als Mike unvermittelt verkündet, er habe mit Ava geschlafen.
Nach diesem Vertrauensbruch ist mit den Hochzeitsplänen auch die Freundschaft in Frage gestellt. Danach klinkt sich der Film in sieben, lose aufeinander folgenden Episoden immer wieder in das Leben der beiden ein, wobei nicht viel erklärt wird - der Zuschauer muss die Lücken selber auffüllen. Das zweite Kapitel ist mit dem Zwischentitel "Let Go" überschrieben, was ganz wörtlich zu nehmen ist: Zurück in Amerika treffen sich Mike und Kyle auf einer Beerdigung, Mike hat Ava in der Zwischenzeit geheiratet, die nun aber tödlich verunglückt ist.
Die Kamera als Flaneur
Kyles Familie nimmt den in Ungnade gefallenen Freund an Thanksgiving und Weihnachten ein wenig halbherzig unter die Fittiche, einerseits großzügig, andererseits aber auch recht unverblümt kritisch. Überhaupt offenbaren sich da bald die Abgründe familiärer und freundschaftlicher Beziehungen, all die kleinen Animositäten, tiefen Verletzungen, beiläufigen Beleidigungen und unglücklichen Missverständnisse. In weichen fließenden Bewegungen gleitet die Kamera von Zack Kuperstein durch die Räume und von außen an den Fenstern vorbei, als würde sie flanieren, immer wieder kurz innehalten, um einer Unterhaltung zu lauschen und dann weiterziehen.
Locker gegliedert sind diese Episoden durch musikalische Intermezzi, mal singt Gilbert Becaud, mal steht eine Klezmer Band musizierend in der Landschaft, mal gibt es ein Schneeballett auf Skiern.
Kleine Gemeinheiten und große Zärtlichkeiten
Menschliches und Allzumenschliches wird mit verspielter Leichtigkeit auf den Punkt gebracht. Der Tonfall wechselt von unverblümter Ruppigkeit zu seelenvoller Tiefgründigkeit, auf eine kleine Gemeinheit folgt enorme Großzügigkeit. Aus einem erbitterten Streit wird im nächsten Moment eine herzzerreißende Liebeserklärung: "Du bist der beste Mensch, den ich kenne, du machst die Leute glücklicher, indem du einfach nur du selbst bist", sagt Mike. "Wahre Liebe ist schwierig, kompliziert, schmerzvoll und sie hört nie auf."
Gespielt werden die beiden Freunde von Michael Angelo Corvino, der auch Regie geführt hat und Kyle Marvin, die zusammen das Drehbuch geschrieben und den Film produziert haben. Im Unterschied zu allen anderen Figuren spielen sie auch unter ihrem eigenen Namen, ein deutlicher Hinweis auf den wahren Kern dieser fiktiven Erzählung. "The Climb" ist vor allem sehr ehrlich und wahrhaftig, aber auch leicht, verspielt und komisch, "als hätte Robert Altman ein Drehbuch von Rohmer verfilmt", schreibt die Süddeutsche Zeitung.
Eine Filmkritik von Anke Sterneborg, rbbKultur