Drama | Berlinale Wettbewerb - "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush"
Schon zum vierten Mal ist Andreas Dresen im Wettbewerb der Berlinale dabei. In seinem neuesten Film "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" geht es um den Fall Murat Kurnaz, der fünf Jahre unschuldig und ohne Anklage in Guantanamo festgehalten und gefoltert wurde, erzählt aus der Perspektive der zu Hause bangenden Mutter.
Auf den ersten Blick ein ungewöhnlicher Stoff für Andreas Dresen, der allerdings schon zwei Jahre nach der Freilassung in Bremen Gespräche mit Murat Kurnaz geführt hat, aber lange vor der schwer zu ertragenden Mischung aus Willkür, Folter und Terror zurückschreckte.
Das menschliche Gesicht der Tragödie
Eine Perspektive für eine Verfilmung hat sich ihm dann eröffnet, als er dessen Mutter Rabiye getroffen hat. Sie wurde für ihn das menschliche Gesicht dieser Geschichte: eine einfache türkische Frau, die es mit der übermächtigen Politik und einer menschenfeindlichen Bürokratie aufnimmt und sich zur Wehr setzt. Das Drehbuch hat die Dresen-Stammautorin Laila Stieler geschrieben und nach "Gundermann" hat Alexander Scheer erneut eine Hauptrolle übernommen, als Bernhard Docke, der Anwalt, der Rabiye Kurnaz seit 2002 vertreten hat.

Fehlende Dringlichkeit
Fünf Jahre sind eine lange Zeit, die Stieler und Dresen mit großen Auslassungen erzählen und durch unregelmäßige Einblendungen der Tage, die seit der Festnahme vergangen sind, rhythmisieren. Lange Zeiträume, in denen gar nichts passiert - das bekommt man auch als Zuschauer:in zu spüren in diesem gut zwei Stunden langen und dabei recht konventionell erzählten Film.
Tatsächlich hat sich Andreas Dresen bei der Pressekonferenz zu einer durch die Pandemie bedingten Ideen- und Fantasielosigkeit bekannt. Erschwerend hinzu kommt, dass viele Nebendarsteller:innen - etwa in der Anwaltskanzlei, bei Gericht und auf der Polizeiwache - so wirken, als würden sie steife Drehbuchsätze vom Blatt lesen.
Aufgelockert wird das Ganze durch den Mutterwitz von Rabiye Kurnaz und das Timing der türkisch-deutschen Komikerin Meltem Kaptan als etwas naive aber zu allem entschlossene Löwenmutter. Insgesamt aber fehlt diesem Film die Dringlichkeit des Films "5 Jahre Leben", den Stefan Schaller 2013 auf der Basis der Aufzeichnungen von Murat Kurnaz gedreht hat.
Anke Sterneborg, rbbKultur