Komödie - "Der perfekte Chef"
Javier Bardem hat in seiner Karriere schon viele Rollen gespielt. Er war Gegenspieler von James Bond in "Skyfall", feuriger Liebhaber in "Vicky Cristina Barcelona" und psychopathischer Killer in "No Country for Old Men". Nun zeigt der spanische Oscar - Gewinner, dass er auch komödiantisches Talent besitzt. In Fernando Léon de Aranoas Sozialsatire "Der perfekte Chef" spielt Bardem einen übergriffigen Fabrikbesitzer, dem die Geschicke seines Unternehmens nach und nach aus den Händen gleiten.

Was macht einen Chef perfekt? Julio Blanco (Javier Bardem) glaubt, die Antwort gefunden zu haben. Der Inhaber einer Firma für Präzisionswaagen kümmert sich nicht nur um die perfekten Abläufe im Betrieb, sondern auch um die privaten Probleme seiner Mitarbeiter. Schließlich sind die nicht nur seine Familie, wie er immer wieder betont, sondern auch sein wichtigstes Kapital.
Der Chef hat für alles eine Lösung
Egal, ob der Sohn des alten Fortuna (Celso Bugallo) im Gefängnis sitzt oder die Frau von Produktionsleiter Miralles (Manolo Solo) wegzulaufen droht: Julio Blanco hat für alles eine Lösung: Mal mit Drohungen, mal mit guten Worten oder auch mal mit ein bisschen Geld lässt sich vieles wieder einrenken. Ruhe im Betrieb ist für Julio Blanco ganz wichtig, denn schließlich möchte er endlich den Preis für exzellente Unternehmensführung erhalten, den die Regional-Regierung ausgelobt hat.

Sex auf der Praktikantinnen-Couch
Doch ausgerechnet vor dem Besuch der Preiskommission drohen die Dinge außer Kontrolle zu geraten: Da ist Miralles, der aus Sorge um seine Ehe den ganzen Betrieb durcheinanderbringt, da ist der renitente José (Oscar de la Fuente), der aus Protest gegen seine Kündigung seit Wochen vor den Fabriktoren campiert – und da ist die schöne Praktikantin Liliana (Almudena Amor), die der Chef in bewährter Manier in der Praktikantenwohnung vernascht – nur um anschließend festzustellen, dass es sich um die Tochter eines alten Geschäftsfreundes handelt.
Dem Untergang entgegen
Routiniert treibt der spanische Regisseur Fernando León de Aranoa seine Geschichte voran – und seine Protagonist:innen dem Untergang entgegen. Es gibt ein paar Kamerafahrten durch die Fabrik, viele Nahaufnahmen und schnelle Schnitte, die das Tempo hochhalten.
Die Gags kommen in rascher Folge, und doch ist "Der perfekte Chef" nicht nur ein Film zum Schenkelklopfen: Der Chauvinismus wird angeprangert, der in Spanien noch immer eine große Rolle spielt, der latente Alltagsrassimus und auch die Scheinheiligkeit der bürgerlichen Gesellschaft. Und natürlich kriegt der Kapitalismus in seiner Gesamtheit sein Fett weg – was ja auch nicht verwunderlich ist bei einem Film, der zu großen Teilen in einer Fabrik spielt.
Ein brillanter Hauptdarsteller
Die Geschichte steht und fällt aber mit ihrer Hauptfigur – und die wird von Javier Bardem so brillant verkörpert, dass man das Gefühl hat, dieser Mann habe nie etwas anderes gespielt als Komödien.

Bardem ist zur Selbstironie fähig, er beherrscht die feine Kunst des Understatements und er kann mit seinem Minenspiel unheimlich viele Gefühle gleichzeitig ausdrücken. Selbst seine massige Gestalt kann der ehemalige Rugby-Spieler gekonnt einsetzen. Wie Julio Blanco mit seinen Praktikantinnen durch die Disco fegt und dabei seinen depressiven Produktionsleiter als Ritter von der traurigen Gestalt hinter sich herzieht, das ist großes Kino.
Vergnügliches Kino, das zum Nachdenken anregt
"Der perfekte Chef" ist ein vergnüglicher Film, der durchaus auch zum Nachdenken anregt. Natürlich ist das Ganze sehr auf die spanische Gesellschaft zugeschnitten, nicht jeder Gag funktioniert auch in der deutschen Übersetzung – aber trotzdem: der Weg ins Kino lohnt sich auf jeden Fall. Und für die Fans von Javier Bardem ist der Film ohnehin ein Muss. Denn in einer solchen Rolle haben sie ihren Liebling garantiert noch nicht gesehen.
Carsten Beyer, rbbKultur