Australischer Western - "The Drover’s Wife: The Legend of Molly Johnson"
Ein Western, gedreht im australischen Outback mit einer weiblichen Hauptdarstellerin. Das ist die Grundidee von "The Drover’s Wife", dem Debutfilm der australischen Regisseurin Leah Purcell. Dabei hat Leah Purcell nicht nur Regie geführt und das Drehbuch geschrieben – sie hat auch gleich noch die Hauptrolle übernommen.

Molly Johnson (Leah Purcell) hat kein leichtes Leben. Als "Drover’s Wife", als Frau eines Viehtreibers, ist sie oft monatelang allein auf ihrer Farm im australischen Outback. Vier kleine Kinder hat sie, das fünfte trägt die resolute Mittvierzigerin deutlich sichtbar im Bauch, während sie sich durch den mühsamen Farm-Alltag quält, ihr Gewehr immer in Sichtweite.
Dunkle Schatten der Vergangenheit
Denn es ist nicht nur die Sorge um die Ernährung ihrer Kinder, die Molly umtreibt. Wilde Tiere lauern im Gebüsch, zwielichtige Gestalten treiben ihr Unwesen und dann gibt es auch noch die dunklen Schatten ihrer Vergangenheit, die sich in Leah Purcells Western Schicht um Schicht entblättern. Als Yadaka (Rob Collins), ein aus dem Gefängnis entflohener Aborigine, auf ihrer Farm Zuflucht sucht, muss sich Molly einem Geheimnis stellen, das sie ihr Leben lang verfolgt hat.

Konflikte der "Frontier"-Gesellschaft
Leah Purcell hat sich im Laufe ihrer Karriere schon drei Mal mit der Geschichte der Molly Johnson auseinandergesetzt: 2016 mit dem Theaterstück "The Drover's Wife", basierend auf einer Kurzgeschichte von Henry Lawson. 2019 folgte dann ein Roman, ebenfalls mit dem Titel "The Drover's Wife" - und jetzt gibt es die Kinofassung, für die Purcell nicht nur das Drehbuch geschrieben hat, sondern gleich auch noch den Regiestuhl und die Hauptrolle übernahm.
Zwischen allen drei Fassungen gibt es kleine Unterschiede. Im Zentrum aber steht immer eine starke Frau, die sich Ende des 19. Jahrhunderts mit ihren Kindern im australischen Outback durchschlägt und die in die Konflikte dieser "Frontier"-Gesellschaft hineingezogen wird - ob sie das nun will oder nicht.

Reformen haben keine Chance
Menschen verschwinden, eine Siedlerfamilie wird brutal ermordet und der Alltag ist geprägt von Alkoholismus und sinnlosen Schlägereien. Nate Clintoff (Sam Reid), der neue Sheriff der Region, bemüht sich nach Kräften, dem gesetzlosen Treiben ein Ende zu bereiten. Seine Frau, die Journalistin Louisa (Jessica De Gouw), möchte gar ein Magazin ins Leben rufen, das den Frauen im Outback erstmalig eine Stimme verleiht. Doch gegen die Waffen und die brutale Gewalt der alten Siedler-Dynastien haben solche Reformen kaum eine Chance.
Knappe Dialoge und großartige Bilder
In knappen Dialogen und mit großartigen Bildern aus dem australischen Outback erzählt Leah Purcell ihre Geschichte, die vom Rassismus der weißen Siedler gegenüber den australischen Ureinwohnern handelt, von der brutalen Unterdrückung der Frauen und vom mühsamen Aufbau eines funktionierenden Justizwesens im australischen Hinterland.
Blutiger Showdown
Am Ende steht ein blutiger Showdown, so wie es sich für einen Western gehört. Und auch wenn die Kräfte des Guten dieses Mal noch unterliegen, so bleibt die Hoffnung auf Wandel trotzdem bestehen – auf eine Gesellschaft, in der nicht Hautfarbe und Geschlecht den Wert eines Menschen bestimmen, sondern Fleiß und Gemeinsinn.
Carsten Beyer, rbbKultur