Drama - "Die Insel der Zitronenblüten"
Lust auf einen Ausflug ins sommerliche Mallorca im grauen Berliner Winter? Dann könnte dieser Film der richtige sein: "Die Insel der Zitronenblüte" ist die Verfilmung des Romandebüts von Cristina Campos. Erzählt wird die Geschichte einer zerrütteten Familie und ihrer Versöhnung vor dem malerischen Hintergrund der spanischen Ferieninsel.
Die beiden Schwestern Marina (Elia Galera) und Anna (Eva Martín) haben seit 14 Jahren nicht mehr miteinander gesprochen. Marina führt ein nomadisches Leben als Geburtshelferin in Entwicklungsländern, Anna lebt mit Mann und Tochter im mallorquinischen Elternhaus.
Der Duft der Kindheit
Aus dem Blauen heraus ruft Anna ihre Schwester im Krankenhaus in Afrika an und bittet sie wegen einer Erbschaftsangelegenheit nach Mallorca zu kommen. Am Flughafen ist die Begrüßung noch recht steif und frostig, erst als die Schwestern mit Annas Teenager-Tochter in der kleinen Bäckerei stehen, die sie unerwartet von einer gewissen Lola geerbt haben, entspannt sich die Stimmung und bekommt eine sinnliche, nostalgische Färbung:
"Ach, ich liebe den Duft der Bäckerei!", erinnern sich die Schwester. "Mit Oma Brot zu backen hat so viel Spaß gemacht. Erinnerst du dich noch? Ich wette, sie wäre als Patisseurin glücklich geworden, oder als Köchin! Oder Bäckerin."
Und die Tochter entdeckt eine Sammlung mit Backrezepten ihrer Großmutter, in der auch die Zutaten für ihren legendären Zitronen-Mohn-Kuchen aufgeschrieben sind, nach dem Romanvorlage und Verfilmung benannt sind.

Im Sog lang verschütteter Familiengeheimnisse
Eigentlich wollte Marina sich nicht lange auf Mallorca aufhalten, den Verkauf der Bäckerei schnell über die Bühne bringen, den Erlös teilen und wieder in den Senegal zurückkehren, wo sie kurz vor ihrer Abreise ein kleines Mädchen zur Welt gebracht hat, dessen Mutter bei der Geburt gestorben ist. Das Waisenmädchen hat sie im Herzen berührt, sie spielt mit dem Gedanken, es gegen ihren bisherigen Lebensplan zu adoptieren. Nur - was wird ihr deutlich jüngerer Freund dazu sagen, mit dem sie von Krisenherd zu Krisenherd reist?
Doch dann wird sie in den Sog ihrer lang verdrängten Kindheitserinnerungen gezogen und in das Geheimnis, das die Bäckerei umgibt und deren fast fremde Besitzerin Lola, die sie ihnen überraschend vererbt hat. Die Einzige, die mehr darüber wissen könnte, ist die alte Catalina, die die Bäckerei am Laufen hält - doch die schweigt beharrlich. Sie lässt sich auch nicht erweichen, als Marina mitten in der Nacht zum Helfen und Plaudern in die Bäckerei kommt.
Wohlige Nostalgie und traumatische Vergangenheitsbewältigung
"Die Insel der Zirtonenblüten" ist eine klassische "Heimkehr ins Elternhaus"-Geschichte - mit der vertrauten Mischung aus wohliger Nostalgie und traumatischer Vergangenheitsbewältigung, aus herzerwärmenden Erinnerungen und aufreibenden Konflikten.

Doch davon gibt es in dieser Geschichte ein ganzes Füllhorn: Die schwierige Annäherung der beiden Schwestern. Annas ausgesprochen unsympathischer Mann steht vor dem Bankrott, erhofft sich Rettung durch den Verkauf der Bäckerei. Anna ist mit einer Gebärmutterkrebs-Diagnose konfrontiert, die das Resultat der Affären ihres Mannes ist und sie zwingt, für die Zukunft ihrer Tochter zu planen. Marina wiederum hadert mit ihrem Kinderwunsch und ihrem deutlich jüngeren Freund. Über allem liegt das dunkle Familiengeheimnis, das mit der Bäckerei und ihrer letzten Besitzerin verbunden ist.
Mit diesen allzu vielen Themen verzettelt sich der Film - nicht zuletzt auch, weil viele der Konflikte nicht wirklich plausibel aufgelöst werden.
Idyllische Kulisse
Was dennoch bleibt von der "Insel der Zitronenblüten", ist ein stimmungsvoller Ausflug ins sommerliche Mallorca, das eine idyllische Kulisse für die Familiengeschichte abgibt: Das charmante mediterrane Dörfchen mit verwinkelten Gassen und romantischen Plätzen. Der Charme der alten Bäckerei mit ihren blauweißen Fliesen, mit Arbeitsplatten und Regalen aus altem Holz und einer Fülle traditioneller Backgerätschaften. Die malerische Küstenlandschaft mit kleinen Buchten und schroffen Felsen. Die riesige Finca des Elternhauses mit dem weitläufigen Garten.
Zusammen mit der guten Chemie zwischen den Schauspielerinnen Elia Galera und Eva Martín, die die beiden Schwestern spielen und an der Spitze einer Riege solidarischer Frauen im Dorf stehen, ist das zwar kein großer Wurf, aber allemal ein charmanter Ausflug auf die Insel der Zitronenblüten.
Anke Sterneborg, rbbKultur