Berlinale Wettbewerb - "BlackBerry"
Basierend auf dem 2015 erschienenen und preisgekrönten Sachbuch "Losing the Signal", in dem zwei Journalisten die Geschichte des Blackberry erzählt haben, geht es um Aufstieg und Fall des gleichnamigen Mobiltelefons, das um die Jahrtausendwende das allererste Telefon war, mit dem man auch Kurznachrichten verschicken konnte.
In den letzten Jahren gab es bereits einige Filme und Serien über irrwitzigen Start-up-Geschichten: "The Social Network" über Facebook, "Steve Jobs" über die iMac-Revolution, die Miniserie "We Crashed" über die Workspace-Vermietungsfirma WeWork - allesamt elektrisierende und sich überschlagende Geschichten über rasant verlaufende Erfolge - und meist auch über den unsanften Fall danach.

Bürospielwiese für liebenswert-naive Tech-Nerds
Am Anfang des Films wird man in einen wuselnd-chaotischen Bürospielspielplatz für Tech-Nerds geworfen: ein kreatives Biotop, das eine Kreuzung aus Bastelgarage, Kinderzimmer und Partykeller ist, in dem überall Kisten mit Elektronikteilen, Computer, Spielekonsolen, Berge von Pizzakartons, Tischtennis- und Tischfußballplatten stehen. Im Kontrast zu den verspielt-chaotischen Tüftlern und Idealisten um die beiden von Jay Baruchel und Matt Thompson gespielten Erfinder, kommen irgendwann die Big Business-Manager ins Spiel, die skrupellos ihre Geschäfte machen. In gewisser Weise spiegelt sich darin auch der kanadische Independent-Spirit entspricht, in dem der Film entstanden ist, im Kontrast zur US-amerikanischen Filmindustrie.
Genau so könnte es gewesen sein
In seinen Filmen und Serien hat sich Matt Johnson immer auf einem schmalen Grat zwischen Dokumentation und Spielfilm, Mockumentary und Found Footage bewegt. Auch in "Blackberry" erweckt er immer wieder den Eindruck, als würde er die Ereignisse eher dokumentieren als inszenieren: mit verwackelt-unscharfen Bildern, verhuschten Schnittfolgen, mit spritzigen Kabbeleien, die an die Stand-up-Comedians in den Filmen von Judd Apatow erinnern und in Dialoggefechten, in denen sich alle gegenseitig ins Wort fallen - inklusive pfiffigen Zitatweisheiten aus Filmen wie "Indiana Jones", "Wall Street" und "Star Wars" und viel musikalischem Drive.
Vorbei ist der Zauber dann ein paar Jahre später, wenn Steve Jobs sein iPhone vorstellt und den Blackberry augenblicklich alt aussehen lässt. Am Ende hat man das Gefühl, genau so könnte es gewesen sein.
Anke Sterneborg, rbbKultur