Berlinale Wettbewerb - "Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste"
Am Wochenende stand der zweite deutsche Beitrag auf dem Programm der Berlinale - der neue Film von Margarethe von Trotta, die schon zum sechsten Mal im Wettbewerb vertreten ist. Sie hat schon häufig berühmte Frauen ins Zentrum ihrer Filme gestellt: Hannah Arendt, Hildegard von Bingen und Rosa Luxemburg. Dieses Mal geht es um Ingeborg Bachmann.
Margarethe von Trotta erzählt nicht das ganze Leben Ingeborg Bachmanns, sie konzentriert sich stattdessen auf die berühmte Liebesgeschichte mit Max Frisch, die 1958 begann, als beide schon berühmte Literaten waren: Eine volatile Beziehung, die vier Jahre dauerte.

Liebe und Rivalität
Frisch bewunderte ihre starke Persönlichkeit, war aber in der Praxis doch sehr eifersüchtig auf ihre Erfolge und ihre Verehrer. Bachmann wurde in seiner Schweiz nicht heimisch, er nicht in ihrem Rom. Als die Beziehung im März 1963 zerbrach, hat sie sehr unter der Trennung gelitten.
Seelenwüste und Wüstenbefreiung
Darauf bezieht sich der doppeldeutige Titel "Der Weg in die Wüste". Einerseits ist das die seelische Wüste, in die sie danach gestürzt ist, andererseits die reale in Ägypten und im Sudan, die sie mit einem befreundeten jungen Schriftsteller bereist hat. Da wird die Wüste zum Sinnbild der wiedergewonnenen Freiheit - inklusive einer Liebesnacht mit drei Männern gleichzeitig, als Symbol einer Befreiung von den bürgerlichen Zwängen, die mit Frisch verbunden waren.
Das alles erzählt der Film aber nicht in chronologischer Ordnung. Margarethe von Trotta wirbelt die Zeiten ziemlich durcheinander, macht aus diesen vier Jahren ein Puzzle, das sich die Zuschauer bisweilen mühsam zusammensetzen müssen.

Das Lächeln der Ingeborg Bachmann
Gespielt werden diese beiden sehr berühmten Schriftsteller mit einer für Trotta-Verhältnisse sehr natürlichen Präsenz von Vicky Krieps und Ronald Zehrfeld. Vor allem Vicky Krieps gelingt es, den sehr kunstvoll arrangierten Räumen, die immer eher Bühne als lebendiger Lebensraum sind, ein bisschen Unmittelbarkeit einzuhauchen und die literarisch geschliffene Sprache aufzulockern.
Auf der Pressekonferenz hat Margarethe von Trotta sehr leidenschaftlich und mitreißend davon erzählt, wie sie Vicky Krieps für diese Rolle ausgesucht hat: Wegen ihres besonderen Lächelns, das ihr im Film "Der seidene Faden" zum ersten Mal aufgefallen war. "Ein Lächeln, das aus ihrer Seele kommt und mich umgehauen hat." Ein Lächeln, das auch das oft streng und ernst anmutende Gesicht von Ingeborg Bachmann erhellen konnte.
Man kennt das ja, wenn Schauspieler und Teammitglieder gebetsmühlenartig in Lobeshymnen ausbrechen, wie toll alle gewesen seien - doch hier wirken sie authentisch. Vor allem Ronald Zehrfeld schwärmte von der strahlenden Jugendlichkeit, Neugierde und Energie Margarethe von Trottas: "Sie muss in einen Filmjungbrunnen gefallen sein!"
Anke Sterneborg, rbbKultur