Berlinale Wettbewerb - "Mal Viver"
"Mal Viver" ist Teil eines Diptychons, zu dem der Spiegelfilm "Viver Mal" in der Berlinale-Sektion Encounters gehört. Die beiden Teile repräsentieren das Up- und Downstairs, wie man es aus der britischen Klassengesellschaft aus Filmen wie "Gosford Park" von Robert Altman und Serien wie "Downton Abbey" kennt.
Statt in einem viktorianischen Schloss ist das Setting ein portugiesischer Hotelkomplex, den man in "Mal Viver", der im Berlinale-Wettbewerb läuft, aus der Perspektive der Besitzer und Bediensteten erlebt, während man in "Viver Mal" den Gästen zuschaut. Die jeweils andere, verborgene Seite ist nur gedämpft aus der Ferne, hinter verschlossenen Türen oder trennenden Wänden zu hören.
Die Schauspieler als Co-Autoren des Drehbuchs
Es geht um dysfunktionale Familienkonstellationen über drei Generationen. Viele der Schauspieler:innen gehören schon seit Jahren zum Stammensemble von João Canijo, dessen Arbeitsweise ganz stark an Mike Leigh erinnert: Wie der Brite entwickelte auch der Portugiese das Drehbuch gemeinsam mit den Schauspieler:innen in einer ausgedehnten Probenzeit.

Ein Hotelkomplex mit besonderen Eigenschaften
Ein weiterer prominenter Player ist der Schauplatz beider Filme: ein Hotelkomplex in der Nähe von Porto. Ein beeindruckender weitläufig verschachtelter Sechzigerjahrebau: mit Swimmingpool, im Stil eine seltsame Mischung aus altmodischer Biederkeit und mondäner Grandezza, mit gediegenen Holzvertäfelungen und gedeckten Farben wie Senf, Curry und Moos, mit labyrinthisch verschachtelten Räumen, mit viele Ecken und Nischen, in denen sich unbemerkte Lauscher verstecken können und Balkonen, die wie Käfige wirken.
Auf der Suche nach diesem Schauplatz hatte der Regisseur ein Hotel im Kopf, in dem er als Kind einen Urlaub mit seinen Eltern verbracht hat, und hatte dann das große Glück, dass es noch fast unverändert existierte.
Anke Sterneborg, rbbKultur