Burt Fabelman (gespielt von Paul Dano), der junge Sammy Fabelman (gespielt von Mateo Zoryan Francis-DeFord) und Mitzi Fabelman (gespielt von Michelle Williams) sitzen im Film "The Fabelmans2 im Kino (Quelle: © Storyteller Distribution Co., LLC.)
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Drama - "The Fabelmans"

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Immer wieder hat Steven Spielberg uns zum Staunen gebracht und manchmal auch zum Fürchten. Mit Kinohits wie "Der weiße Hai", "E.T.", "Jurassic Park" und den "Indiana Jones"-Filmen ist der dreifache Oscar-Preisträger als einer der kommerziell erfolgreichsten Filmregisseure und Produzenten der Welt. Auf der Berlinale wurde Spielberg für sein Lebenswerk ausgezeichnet, auf dem Festival wurde auch sein neuestes Werk "The Fabelmans" gezeigt. Der Film ist eine Reise in die Kindheit des Regisseurs und für insgesamt sieben Oscars nominiert.

"Filme sind Träume, die du nie vergessen wirst", schwärmt die Mutter und steckt ihren kleinen Sohn Samuel mit ihrer Begeisterung an. Alles beginnt mit einem Kinobesuch, zu dem die Eltern ihren sechsjährigen Sohn mitnehmen, der im Film nicht Steven Spielberg, sondern Samuel Fabelman heißt.

Szene aus "The Fabelmans"
Bild: IMAGO / Picturelux

Frühkindliche Kinoinitiation

Der Regisseur erinnert sich: "Damals wusste ich gar nicht, was Kino ist, und meine Mutter und mein Vater nahmen mich mit, in einen Film über den Zirkus, 'The Greatest Show on Earth' von Cecil B. DeMille. Die Geschichte hat mich total gefesselt, in der Mitte gab es ein Zugunglück, zwei Züge, die frontal zusammenkrachten, für mich war das damals das Erschreckendste, das ich je erlebt hatte."

Dieses Trauma verarbeitete der sechsjährige Steven, indem er mit der Spielzeugeisenbahn und der Super 8-Kamera seines Vaters Zugunglücke inszenierte und filmte. So erzählt "The Fabelmans" nicht nur von der frühkindlichen Kinoinitiation eines der größten Regisseure Hollywoods, sondern auch davon, wie Kunst und Kino dabei helfen können, Traumata zu bewältigen.

Wissenschaft versus Kunst

In "The Fabelmans" rekonstruiert Spielberg seine Kindheit und Jugend in den Fünfziger- und Sechzigerjahren, mit den ganz unterschiedlichen Einflüssen seiner Eltern, des eher sachlichen Vaters, der Ingenieur war und der fantasievollen Mutter, die ihren Beruf als Konzertpianistin für die Familie aufgegeben hat.

Im Film werden sie von Paul Dano und Michelle Williams gespielt: "In dieser Familie konkurriert die Wissenschaft mit der Kunst", stellt die Mutter fest: "Sammy ist in meiner Mannschaft und kommt nach mir." Während der Vater das Filmemachen lange als Hobby denunzierte, war es die Mutter, die ihren Sohn inspirierte und ermutigte.

v.l.n.r.: Keeley Karsten, Sophia Kopera, Michelle Williams und Gabriel LaBelle in "Die Fabelmans" © imago images/Everett Collection
v.l.n.r.: Keeley Karsten, Sophia Kopera, Michelle Williams und Gabriel LaBelle in "Die Fabelmans" | Bild: imago images/Everett Collection

Ein Geschenk an die Eltern

Viele der Filme von Steven Spielberg sind mit persönlichen Details gespickt, so vermitteln die Einfamilienhäuser in "E.T.", "Unheimliche Begegnung der dritten Art" und dem von ihm produzierten "Poltergeist" einen ziemlich genauen Eindruck von den Verhältnissen, in denen er selber aufgewachsen ist. Und doch ist "The Fabelmans" sein bisher persönlichster Film, zugleich eine Liebeserklärung an das Kino und an seine Eltern, die erst vor wenigen Jahren hochbetagt gestorben sind: "Meine Mutter hat mich immer dazu gedrängt: 'Steve, wann wirst du unsere Geschichte erzählen?'“, sagt Spielberg.

Doch sein Film ist keine Abrechnung mit den Eltern, sondern ein Geschenk an sie.

The Fabelmans © Universal Pictures International Germany
"The Fabelmans" | Bild: Universal Pictures International Germany

Liebevolle Hommage ans Kino und an die eigene Familie

Zum ersten Mal erzählt Spielberg da auch von den näheren Umständen der Trennung seiner Eltern, die ihn mit 19 Jahren schwer getroffen hat und sogar mit dem Filmemachen hadern ließ. Denn zufällig hatte er mit seiner Home Movie-Kamera den Beweis für die Untreue der Mutter eingefangen - ein Geheimnis, an dem er lange schwer zu tragen hatte. Ohne zu wissen, dass sein Sohn die Wahrheit kannte, hatte der Vater die Schuld an der Trennung auf sich genommen.

Insofern ist der Film auch ein posthumer Dialog mit dem Vater. Im Scherz hat Steven Spielberg seinen Film eine 45 Millionen Dollar teure Therapiestunde genannt. Doch der Film ist sehr viel mehr: eine liebevolle Hommage an die eigene Familie und an die Kraft des Kinos, ein berührendes autobiografisches Bekenntnis, das zugleich wahrhaftig und fiktiv überhöht ist. Ganz großes Spielberg-Kino.

Anke Sterneborg, rbbKultur

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