Dokumentation - "Der Illusionist"
"Der Illusionist" – so heißt der Dokumentarfilm von Birgit Schulz über den Kunsthändler und Kunstberater Helge Achenbach. Der Illusionist, das ist eigentlich ein Zauberer – manchmal zaubert er Dinge aus dem Hut, manchmal lässt er sie in seinem Ärmel verschwinden. Helge Achenbach wurde 2015 zu sechs Jahren Haft verurteilt und zu einer Zahlung von über 19 Millionen Euro. Das Gericht hielt es für erwiesen, dass er Berthold Albrecht, den Sohn des Aldi Nord-Gründers Theo Albrecht, beim Kauf von Kunst und Autos betrogen hatte. Nachdem er zwei Drittel der Strafe verbüßt hatte, kam er 2018 frei.
Der Film zeigt Aufstieg und Fall eines Mannes, der mit Millionen jonglierte. Birgit Schulz beginnt mit dem atemberaubenden Absturz des Art Consultant Helge Achenbach.

Atemberaubender Krimi
Man sieht Bilder einer Sturmnacht über Düsseldorf. Dorothee Achenbach, die inzwischen geschiedene Frau des Kunsthändlers, erzählt, wie sie mit ihrem Mann aus Washington zurückkam und Polizisten in Zivil Helge Achenbach verhafteten. Damit war das mondäne Leben zwischen Kunst und Jetset vorbei. Wir sehen dann Helge Achenbach im schwarzen Hemd, vor schwarzem Hintergrund kurz nach der Haftentlassung. Er wirkt so seriös, dass man sich nicht vorstellen kann, wie das zusammenpasst - Kunst und Knast.
Aufstieg eines Hochstaplers
Helge Achenbach, Jahrgang 1952, hat eigentlich Sozialpädagogik studiert, war ASta-Vorsitzender in Düsseldorf, bekam Kontakte zur Düsseldorfer Kunstszene und hatte dort schnell den Ruf eines guten Verkäufers erworben. Weil ihm die Galeriearbeit aber zu langweilig war, fuhr er mit dem Auto im Land herum und hielt, wie er sagt, "Ausschau nach Kränen". Denn dort, wo Kräne standen, wurde gebaut. Es waren meist große Unternehmen, die für ihre Firmensitze Kunst am Bau suchten. Auf diese Weise wurde Achenbach auch in hochvermögenden Kreisen bekannt.
Im Film tritt er ohne jede Selbstzweifel auf, mit ebenmäßiger Stimme, ein geselliger Mensch, der gerne Hof hält. Aber auch unangenehm werden kann. In Düsseldorf eröffnete er drei Restaurants, in die das Geld aus dem Kunsthandel floss und die gleichzeitig seine Bühne waren. Hier knüpfte er seine Kontakte zu Celebrities. Und wenn dann die Namen Tom Cruise oder Udo Jürgens fallen, wirkt der Sohn eines Bahnbeamten ganz klein.
Gier und Geiz
Der Film spielt in einer Welt, in der die Menschen mit dem Privatflugzeug unterwegs sind, in der Geld keine Rolle spielt - möchte man meinen. Das Gegenteil ist der Fall. Berthold Albrecht wollte Achenbach für die Vermittlung von Kunst 5 % Provision zahlen. Helge Achenbach aber war der Meinung, dass das zu wenig sei. Deshalb trug er zum Beispiel in die Rechnung für ein Bild von Oskar Kokoschka einen höheren Kaufpreis ein.
"Collage" nennt er die Technik - als sei Betrug eine künstlerische Handlung. Ein Mitarbeiter verriet ihn, die Witwe von Berthold Albrecht verklagte den Händler und bekam Recht. Helge Achenbach und seine Frau Dorothee verloren alles: Häuser, Kunstsammlung, Lager und Ehre.
Der Kunstmarkt ist gespalten
Helge Achenbach sagt in dem Film, ihn habe beeindruckt, dass im Kunstmarkt Werte nur mit Pinsel und Leinwand geschaffen werden können. Und diese Werte seien vor allem imaginär. Tatsächlich setzt ein Teil des Kunstmarkts nur auf die Spekulation - übrigens oft mit Hilfe der Medien. Ein Kapitel des Films ist der BILD-Zeitung gewidmet, die Achenbachs Karriere unterstützt hat. Aber es gibt durchaus auch die seriösen Galerien, die ihre Künstlerinnen und Künstler von Anfang an begleiten und eine solide Karriere aufbauen. Auf die gleiche Weise teilt sich die Kundschaft in diskrete Sammlerinnen und Sammler aus Leidenschaft und in das laute Geld.

Das Leben nach der Haft
Heute lebt Helge Achenbach mit seiner zweiten Frau, der Künstlerin Evelina Velkaite, auf einem Hof bei Kaarst in Nordrhein-Westfalen und entwickelt natürlich ein neues Projekt: den Park der Sinne – die Renaturierung eines Streifens neben der Autobahn. Während man seine schmeichelnde Stimme hört, die von Vögeln und Baumwipfeln schwärmt, fliegt die Kamera von Marie Zahir über den Schotterweg neben der Trasse und macht mit leiser Ironie Achenbachs Handwerk sichtbar. Die Hochstapelei. Sechs solche Parks entwickelt er in Europa und man kann nicht anders, man muss die Unverfrorenheit bewundern, mit der er seine Idee verkauft.
Das Überzeugende an diesem mitreißenden Film ist, dass Birgit Schulz beide Seiten des Hochstaplers zeigt – den verführerischen Charme und das völlige Fehlen von Empathie.
Simone Reber, rbbKultur