Drama - "Roter Himmel"
Vier Menschen, ein einsames Haus in Strandnähe und ein heißer Sommer – klingt nach Idylle, ist aber gar nicht so leicht – vor allem, wenn nicht alle Beteiligten die gleichen Vorstellungen vom Zusammenleben haben. "Roter Himmel" ist tragisch und komisch gleichzeitig - ein virtuos inszeniertes Kammerspiel mit einem großartigen Cast
Die beiden Freunde Leon (Thomas Schubert) und Felix (Langston Uibel) sind unterwegs in die Sommerfrische von Felix' Mutter. Ein altes Forsthaus im Wald hinter den Dünen, nicht weit vom Ostsee-Strand und trotzdem ganz einsam gelegen. Eigentlich der ideale Ort für Leon, der dort seinen zweiten Roman zu Ende bringen möchte. Und Felix plant derweil an einem Fotoprojekt zu arbeiten.
Eisverkäuferin und Rettungsschwimmer
Doch es gibt ein Problem: Die Mutter hat auch Nadja (Paula Beer) einen Platz in ihrem Sommerhaus angeboten. Und die junge Frau, die an der Strandpromenade als Eisverkäuferin arbeitet, ist nicht allein. Der Rettungsschwimmer Devid (Enno Trebs) kommt nachts gerne mal zu Besuch - und das Liebesspiel der Beiden stört den sensiblen Schriftsteller in seiner Nachtruhe.

Die gar nicht so einfache Leichtigkeit des Seins
Was sich anhört wie das Grundgerüst einer prallen Sommer- Sonne - Strand-Klamotte, wird bei Christian Petzold zum virtuosen Kammerspiel über die gar nicht so einfache Leichtigkeit des Seins: Vier junge Menschen, vier Lebensentwürfe, amouröse Verstrickungen und dazu noch die verheerenden Waldbrände in der Umgebung, die in dem heißen Sommer immer näher rücken: Erst ist es nur der rote Schein am Abendhimmel, doch bald schon wird die Bedrohung existenziell …

Eric Rohmer und Alain Resnais als Vorbilder
Deutsche Arthouse- Filmer, die über die Landesgrenzen hinaus erfolgreich sind, gibt es nicht allzu viele: Klar, Wim Wenders gehört dazu, auch Werner Herzog und Tom Tykwer. Und Christian Petzold. Schließlich hat er es mit Filmen wie "Die Innere Sicherheit" oder "Transit" geschafft, der Berliner Schule internationale Geltung zu verschaffen. Auch in "Roter Himmel" bleibt Petzold seinem Erzähl- Stil treu. Sein Sommerhaus ist ein Nicht-Ort, die Biografien seiner Charaktere sind nur angedeutet. Das verleiht dem Film eine große Leichtigkeit, wie man sie sonst eher von französischen Regisseuren wie Eric Rohmer oder Alain Resnais kennt.

Mit Hans Fromm (Kamera) und Bettina Böhler (Schnitt) setzt Petzold in seinem Team auf bewährte Kräfte. Vor allem aber ist es das großartige Schauspieler – Ensemble, das den Film zum Erfolg führt: Paula Beer, mittlerweile Stammgast in Petzolds Filmen, überzeugt einmal mehr als Femme fatale, Langston Uibel und Enno Trebs spielen ein ebenso unerwartetes wie charmantes Liebespaar und Thomas Schubert meistert die undankbare Rolle des übersensiblen Schriftsteller- Stinkstiefels mit Bravour. Am Ende hat auch Matthias Brandt noch einen wunderbaren Auftritt als Leons Verleger, der seinem Schützling beibringen muss, dass er dessen Roman "Club Sandwich" wohl nicht herausbringen wird.
"Roter Himmel" ist ein Sommerfilm, der berührend ist, der komisch ist und überraschend – und der in einfachen, klaren Bildern eine tolle Geschichte erzählt. Auf der Berlinale gab es dafür den Großen Jury-Preis – das ist aller Ehren wert. Eigentlich aber hätte Christian Petzold den Goldenen Bären verdient gehabt.
Carsten Beyer, rbbKultur