The Whale © Plaion Pictures
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Drama - "The Whale"

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Es gibt Schauspieler, die scheinen auf dem Zenit ihrer Karriere zu stehen, und dann sind sie auf einmal verschwunden. Vielleicht hier und da mal eine Nebenrolle, aber nichts Großes mehr. Brendan Fraser ist so ein Schauspieler. Dieses Jahr kehrte er mit einem fulminanten Auftritt zurück: Für seine Darstellung eines 300 Kilo-Manns in Darren Aronofskys Drama "The Whale" bekam er den Oscar als bester Hauptdarsteller.

Charlie ist Literaturprofessor eines Englisch-Online-Kurses, ein feinsinniger Geist, der seine Studenten gerne ermuntert, ehrlich zu sein, nur das zu schreiben, was sie wirklich denken. Was keiner der Studenten ahnt – denn Charlie hat nie seine Kamera an: ihr Lehrer hat so schwer Adipositas, dass er nicht mehr laufen kann.

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Eine armselige Figur, so könnte man meinen

Er sitzt den ganzen Tag zuhause auf dem Sofa, immer mal wieder bekommt er Besuch und wenn er wieder alleine ist, isst er: fettiges Huhn, Riesensandwiches. Jeden Abend lässt er sich zwei Pizza liefern, die er in sich hineinstopft. Der Schweiss läuft, das Fett trieft. Wenn Charlie etwas auf den Boden fällt, ist er außerstande, es wieder aufzuheben: 300 Kilo schwer, kommt er an seinen eigenen Fettmassen nicht vorbei.

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Eine armselige Figur, so könnte man meinen. Doch so wie Brendan Fraser ihn spielt, ist dieser Charlie ein liebenswerter Mann, der selbst weiß, dass er nicht mehr lange leben wird, wenn er so weitermacht. Aber er hat Humor - und er hat eine beste Freundin. Hong Chau spielt diese Lizzy, die alles in ihrer Macht Stehende tut, um Charlie zu unterstützen, sich gerne an seinen schweren Körper kuschelt und darin dann fast verschwindet.

Das Wohnzimmer als große Bühne für das Leben

Ursprünglich ist "The Whale" ein Theaterstück aus dem Jahr 2012, in dem Samuel D. Hunter, der auch jetzt das Drehbuch schrieb, seine eigenen Erfahrungen als Übergewichtiger verarbeitet. Regisseur Darren Aronofsky bleibt dem Kammerspiel treu, gedreht in 4:3 unterstützt das Format die Enge des Raumes, der doch nie eng wirkt: Das Wohnzimmer von Charlie wird zur großen Bühne für das Leben.

Nicht nur Lizzy, auch ein junger Missionar, der Charlie retten will, der Pizza-Bote oder seine Ex-Frau kommen vorbei. Und täglich schlägt seine Tochter Ellie - gespielt von Jungstar Sadie Sink, bekannt aus der Serie "Stranger Things" - bei ihrem Vater auf. Diese Beziehung ist der Fokus um den Charlie kreist. Denn eigentlich kennt er seine Tochter kaum, er verließ Frau und Kind vor vielen Jahren für einen seiner Studenten. Was Ellie ihm nie verziehen hat. Und er sich selbst auch nicht.

Nun weiß er, dass ihm die Zeit davonläuft, dass er nie wieder wird gutmachen können, was er seinem Kind angetan hat – und beschließt, Ellie trotz ihrer offensichtlichen Bösartigkeit zu lieben, ihrem Selbsthass etwas entgegenzusetzen. Er bietet ihr Geld, wenn sie ihn besucht, will ihr bei den Schulaufgaben helfen, sagt ihr, wie schön er sie findet. Während sie ihn verhöhnt.

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Figuren, die man nicht mehr vergisst

Die Maske leistet hier Unglaubliches: 100 Pfund schwer ist der Anzug, in den fünf Leute Brendan Fraser jeden Tag wuchten mussten - das dauerte jeden Tag bis zu vier Stunden. Zeit, sich in dieses verletzbare Schwergewicht zu verwandeln, in diesen Wal, der so voller Liebe ist, dass die anderen ihn vielleicht sogar mehr brauchen, als er sie. Es geht hier um einen Moment der Erlösung, der sich über jedes Klischee erhebt.

"The Whale" erzählt eine Geschichte, die Darren Aronofsky zufällig im Theater sah und - wie er selbst sagt – als Film auf die Leinwand bringen musste. Wie in anderen seiner Filme geht es auch hier um einen Außenseiter, der einen einsamen und ureigenen Kampf ficht, so wie Natalie Portman in "Black Swan", Mickey Rourke in "The Wrestler" und jetzt Charlie in "The Whale". Es sind Figuren, die man nicht mehr vergisst.

Christine Deggau, rbbKultur

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