Mediterranean Fever © Pallas Film
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Drama - "Mediterranean Fever"

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Es ist eine unwahrscheinliche Beziehung, die sich da zwischen einem depressiven Schriftsteller und seinem kriminellen Nachbarn entwickelt. Doch "Mediterranean Fever" ist mehr als nur ein Film über eine Männerfreundschaft. Die palästinensische Regisseurin Maha Haj erforscht in ihrem zweiten Spielfilm die Abgründe der Depression – und die Befindlichkeiten der Palästinenser in Israel.

"Mediterranean Fever" - das "familiäre Mittelmeerfieber" – das sind periodische Fieberschübe und Gelenkschmerzen, die vor allem bei Menschen im östlichen Mittelmeerraum auftreten. Shams (Samir Elias), der 12-jährige Sohn von Waleed (Amer Hlehel) leidet unter dieser Krankheit. Oder ist es vielleicht doch nur die Angst vor dem Geographieunterricht, in der ihm seine Lehrerin ganz andere Wahrheiten auftischt, als er sie von seinem palästinensischen Vater gelernt hat?

Mediterranean Fever © Pallas Film
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Die Menschen leiden

Die Menschen in Maha Hajs zweitem Spielfilm sind krank: Sie leiden unter der unsicheren wirtschaftlichen Lage in Israel, unter ihrer Rolle als arabischstämmige Minderheit in einem überwiegend jüdischen Staat, oder – wie im Falle von Waleed – unter einer Depression. Dabei hat der Mann eigentlich kein schlechtes Leben in seiner Wohnung in Haifa mit Blick aufs Meer. Trotzdem kommt er morgens kaum aus dem Bett, sitzt oft stundenlang bewegungslos vor dem Computer und kann auch mit seiner Frau (Anat Hadid) und seinen Kindern nicht viel anfangen. Selbst seine Therapeutin kann ihm nicht weiterhelfen, denn Waleed will weder Medikamente nehmen noch Sport treiben.

Zwei ungleiche Männer

Bewegung kommt in sein Leben erst, als nebenan ein neuer Mieter einzieht: Der Ganove und Gelegenheitsbauarbeiter Jalal (Ashraf Farah) ist ihm Grunde das genaue Gegenteil von Waleed: Er ist laut, vulgär und lebenslustig. Fragen der palästinensischen Identität sind ihm völlig schnuppe, stattdessen kümmert er sich lieber um seine junge Geliebte und seine illegalen Geschäfte. Trotzdem gibt es eine merkwürdige Anziehungskraft zwischen den beiden ungleichen Männern: Waleed kommt zum ersten Mal seit langem wieder ein bisschen aus sich heraus. Er nimmt Jalal mit zu seinen Eltern, begleitet den Nachbarn auf seinen krummen Touren – und eines Tages beim Angeln konfrontiert er ihn mit einer ziemlich überraschenden Bitte: Jalal möge ihm doch einen Killer besorgen, einen "Hitman" …

Palästinensischer Beitrag für den Oscar

Filme aus Palästina gibt es nicht allzu viele. Kein Wunder, schließlich sind die Ressourcen des kleinen Nahost-Staates begrenzt und der Dauerkonflikt mit dem Nachbarn Israel lähmt zusätzlich. Umso bemerkenswerter ist die Leistung von Maha Haj: Ihr zweiter Film "Mediterranean Fever" gewann beim Festival in Cannes den Drehbuchpreis in der Reihe "Un Certain Regard" und wurde anschließend sogar als palästinensischer Beitrag für den Oscar nominiert.

Mediterranean Fever © Pallas Film
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Auf mehreren Ebenen spannend

Tatsächlich ist "Mediterranean Fever" gleich auf mehreren Ebenen spannend: Da ist Waleeds Depression, der sich der Film auf einfühlsame Weise nähert. Da ist die ungewöhnliche Männerfreundschaft, die von den beiden Hauptdarstellern Amer Hlehel und Ashraf Farah überzeugend verkörpert wird. Und da ist die gesellschaftliche Ebene, die auf durchaus unterschiedliche Weise interpretiert werden kann: Geht es hier nur um das Schicksal der arabischen Minderheit in Israel? Oder leidet nicht vielleicht das ganze Land am "Mediterranean Fever"?

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Zusammen unglücklich

So wie die ungleichen Nachbarn Walled und Jalal durch ihr Schicksal aneinander gekettet sind, so sind auch die Geschicke der Völker im Nahen Osten untrennbar miteinander verbunden. Palästinenser und Israelis können nicht miteinander, sie können aber auch nicht ohne einander - und so sind sie dann eben zusammen unglücklich.

Carsten Beyer, rbbKultur

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