Valeria is getting married © W-FILM / Lama Films
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Drama - "Valeria is getting married"

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"Ich glaube, dass es im Kern vieler Beziehungen eine Komponente gibt, die eine Hierarchie oder ein Ungleichgewicht erzeugt", sagt die israelische Filmregisseurin Michal Vinik. Vinik wurde 1976 in Haifa geboren und hat Film und Fernsehen an der Universität von Tel Aviv studiert. Ihr zweiter Spielfilm "Valeria is getting married" kommt diese Woche ins Kino.

Valeria, eine junge Frau aus der Ukraine, kommt in Tel Aviv an, um dort Eytan zu heiraten. Die beiden haben sich per Skype kennengelernt. Der Film wurde vor Kriegsbeginn gedreht, als noch keine Ukrainerinnen nach Israel flohen. Valerias Schwester Christina lebt schon zusammen mit ihrem israelischen Ehemann Michael in Tel Aviv und hat den Kontakt hergestellt. "Die Ehe ist ein Geschäft", sagt Christina, "ich habe hier ein gutes Leben." Das Gleiche wünscht sie sich für ihre Schwester.

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Die Ehe als Geschäft

Es geht also um arrangierte Ehen und um die Motive der Männer und Frauen, sich auf dieses Geschäft einzulassen. Gleich am ersten Tag soll Valeria in der Wohnung ihrer Schwester Eytan kennenlernen. Ihr Verlobter erscheint und schenkt ihr ein Partnerhandy, auf dem als Klingelton die Nachricht einprogrammiert ist: "Dein Ehemann ruft an". Nach dem gemeinsamen Essen aber verschwindet Valeria im Badezimmer und will nicht wieder herauskommen.

Der Film ist inszeniert wie ein Theaterstück, alles dreht sich von da an um die verschlossene Tür. Eytan, der verschmähte Verlobte, schämt sich in Grund und Boden. Michael bucht einen Rückflug für Valeria und Christina versucht, ihre Schwester aus dem Badezimmer zu locken. "Du verpasst die Chance Deines Lebens", sagt sie.

Der Stress steigt und damit verschärft sich die Bedrohlichkeit der Situation für die beiden jungen Frauen.

Psycho-Drama mit brillanten Schauspielerinnen

Es sind Lena Fraifeld als die ältere Schwester Christina und Dasha Tvoronovich als Valeria, die aus diesem Kammerspiel ein hochintensives Psychodrama machen. Lena Fraifeld sehen wir anfangs als Christina voll Erwartungsfreude über die Ankunft ihrer Schwester. Sie schwebt fast durch ihr Leben, ignoriert großherzig die nervige Mäkelei ihres Mannes, dem ihre Suppe nicht schmeckt. Ein Jahr noch, dann hat sie die israelische Staatsbürgerschaft und ist unabhängig. Die harte Bemerkung von Eytan gegenüber ihrem Mann "Bis dahin kannst Du mit ihr machen, was Du willst", wischt sie mit einem Stutzen und einem Wimpernschlag weg. Als sich der Konflikt zuspitzt, gleitet sie durch die Wohnung, versucht, ihren Mann zu besänftigen und die Beziehungen zu heilen.

Dasha Tvoronovich als Valeria wittert wie ein junges Tierchen die Gefahr, erspürt die Verhältnisse. Sie trägt ein enges Halsband, man glaubt, sie schlucken zu sehen. Irgendwann kann man ihrem Gesicht ansehen, dass sie eine Entscheidung getroffen hat.

Valeria is getting married © W-FILM / Lama Films
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Ein stummer Machtkampf

Micha Vinik nutzt die Kulisse der Wohnung mit ihrem langen Korridor und der Milchglasscheibe vor dem Badezimmer wie einen Seelenraum, in dem die Unterströmungen der Gefühle jenseits des gesprochenen Wortes wahrnehmbar werden. Sie inszeniert das Ungleichgewicht zwischen den Paaren wie einen Tanz nach dem Motto: Wer bewegt wen? In der Beziehung zwischen Michael und Christina ist der Mann statisch, mit reglosem Gesichtsausdruck und festem Blick. Christina aber eilt durch das Haus, ihre Wimpern flattern, ihre Augen sind besorgt. Immer wieder versucht sie, ihren Mann durch liebevolle Gesten zu besänftigen und gleichzeitig Valeria aus dem Badezimmer zu locken.

In dem Verhältnis zwischen Eytan und Valeria ist es Eytan, der verschmähte Verlobte, der voller Scham in der Wohnung herumläuft, ein Taxi ruft, wieder zurückkehrt, während Valeria sich ganz still im Badezimmer verbarrikadiert.

Der Kameramann Guy Raz erhöht die Intensität dieses bedrückenden Dramas, indem er die Personen so nah aufnimmt, dass ihre Gesichter zusammenrücken. Auf engstem Raum entsteht ein erstickender Machtkampf. Die Ehe als Geschäft hat einen hohen Preis.

Simone Reber, rbbKultur

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