Abenteuerfilm - "Indiana Jones und das Rad des Schicksals"
Zum fünften Mal seit "Jäger des verlorenen Schatzes" und nach fünfzehn Jahren Pause seit dem vierten Indiana Jones legt der Archäologe Dr. Henry Jones und mit ihm sein Darsteller, der inzwischen achtzigjährige Harrison Ford, den Fedora des Abenteurers Indiana Jones an, auch die berühmte Peitsche schwingt er wieder.
Sein Schöpfer Steven Spielberg wacht dieses Mal nur als Produzent über dem Franchise, mit dem er Blockbuster-Geschichte geschrieben hat. Den Regie-Staffelstab hat er in "Indiana Jones und das Rad des Schicksals" an den jüngeren Kollegen James Mangold (Walk the Line, Le Mans 66 – Gegen jede Chance, Todeszug nach Yuma) übergeben.
Glaubhaft verjüngt
Eine rasante Einführungssequenz mit akrobatischer Action auf einem fahrenden Zug erzählt davon, wie es Indiana Jones im Jahr 1944 gelingt, den Nazis Teile eines Schatzes mit Zeitreise-Potential abzuluchsen. Einen Moment lang fragt man sich, ob diese Szene aus einem der vorangegangenen Filme stammt, doch dann wird klar: Hier wurden das Aussehen und die Gesichtszüge des achtzigjährige Harrison Ford erstaunlich glaubhaft verjüngt, mit der seit Scorseses "Irishman" stark verbesserten De-aging-Software. Bei den Actionszenen wurde er, wie üblich beim Filmdreh, von Stuntmen unterstützt.

Abenddämmerung eines Helden, der mehr als 40 Jahre im Amt war
Es ist der Sommer 1969, auf den Straßen New Yorks wird der Erfolg der Apollo 11 Mission mit einer großen Parade gefeiert, der Archäologe Dr. Jones wirkt müde, und ein bisschen so als verstünde er die Welt, die um ihn herumtobt, nicht mehr. Die Zeiten der großen Abenteuer liegen für ihn scheinbar in der verklärten Vergangenheit.: "Ich glaube nicht an Magie, aber ein paar Mal in meinem Leben habe ich Dinge gesehen, unerklärliche Dinge. Mir wurde klar, dass es nicht so sehr darauf ankommt, woran man glaubt oder wie fest man daran glaubt". Im englischen Original klingt das deutlich schöner: "I don’t believe in magic, but a few times in my life, I’ve seen things, things I can’t explain, and I’ve come to believe, it’s not so much what you believe, it’s how hard you believe it.” Sein alter Abenteuergefährte Sallah (John Rhys Davies) träumt dagegen von neuen Abenteuern: „Ich vermisse die Wüste, ich vermisse das Meer, und ich vermisse es, jeden Morgen aufzuwachen und mich zu fragen welche neuen Abenteuer der Tag uns bringen wird."
Regisseur James Mangold wollte die Geschichte eines Helden in der Abenddämmerung des Lebens erzählen, entsprechend müde wirkt sein Indiana Jones anfangs, wie auch seine Vorlesungen eher einschläfernd auf die Studenten wirken. Seine Pensionierung nimmt Dr. Jones ungerührt hin.

Haarsträubende Abenteuer wie im klassischen Hollywood
Natürlich dauert es nicht lange, bis Indy wieder in ein haarsträubendes Abenteuer gezogen wird, in diesem Fall von seiner Patentochter Helena, die auf den Spuren eines antiken Artefakts, von dem ihr Vater erzählt hat, das den Lauf der Historie verändern kann, mal seine Verbündete, mal seine Gegenspielerin ist. Doch Helena ist nicht die Einzige, die dem titelgebenden Rad des Schicksals nachjagt, einem von Archimedes vor Jahrtausenden konstruierten Mechanismus, der Zeitreisen ermöglicht. So wie schon vor mehr als 40 Jahren in "Jäger des verlorenen Schatzes" tritt Indy, wie er zärtlich genannt wird, jetzt zum insgesamt dritten Mal gegen umtriebige Nazis an, in diesem Fall angeführt von Dr. Voller, der vom Bond-Bösewicht-erfahrenen Mads Mikkelsen verkörpert wird. Die als Autorin und Hauptdarstellerin der BBC-Serie "Fleabag" bekannte Phoebe Waller Bridge verleiht Indies Patentochter Helena den burschikos anpackenden Glamour und die Screwball-Schlagfertigkeit der großen Hollywood-Abenteuer-Heldinnen, wie sie einst von Katherine Hepburn oder Kathleen Turner gespielt wurden. Überhaupt bewahrt James Mangold die bewährte Spielberg-Tradition aus Retro-Charme und rasanter Action, in der auf jeden Höhepunkt ein weiterer folgt:

Zwischen Geisterbahn und Achterbahn
So beginnt eine wirklich spektakulär wilde Verfolgungsjagd durch die trubelige Parade, mit verschiedenen Verkehrsmitteln, und sogar zu Pferde, über Treppen, Plattformen und auf den Gleisen durch die Tunnel der New Yorker Metro, und von dort weiter nach Tangier, Griechenland und Sizilien. Im Verlauf der Ereignisse wird die immer gleiche Erzählmechanik bisweilen ein wenig überstrapaziert: Immer wenn Indie und Helena gerade einen Etappensieg errungen haben, einen weiteren Teil des weitverzweigten Geheimnisses um die verschiedenen Teile des Schicksalsrads gelöst haben, tauchen Regierungsagenten und Nazis auf, um sie ihnen wieder abzujagen. Anders als einst Steven Spielberg, erfindet James Mangold das Abenteuergenre in "Indiana Jones und das Rad des Schicksals" nicht neu, aber ein Riesenspaß zwischen Geisterbahn und Achterbahn ist der Film allemal!
Anke Sterneborg, rbbKultur