Fantasy-Komödie - "Barbie"
Barbie ist wohl die berühmteste Puppe der Welt. Sie wird von Feministinnen gehasst und von kleinen und großen Mädchen geliebt. Barbie ist der Inbegriff einer "Blondine": Highheels, Wespentaille, langes blondes Haar. Erfunden wurde sie 1959 von der Firma Mattel, es gibt Serien und Trickfilme über sie. Der erste Realfilm mit Barbie alias Margot Robbie und Ryan Gosling als Ken kommt jetzt in die Kinos, Regie führte Greta Gerwig.

Gerwig ist ein bisschen die Intellektuelle in Hollywood: Studierte Philosophin, eigentlich Schauspielerin, drehte sie 2017 ihren ersten Film "Ladybird" und zählt seitdem zu den wichtigsten Independent-Regisseurinnen. Eine unerschrockene und feinfühlige Künstlerin, die das Frausein immer wieder klug und witzig hinterfragt. Da passt eine Figur wie Barbie natürlich wunderbar in ihr Portfolio. Erst sollte Gerwig nur das Drehbuch schreiben – was sie während des Lockdowns gemeinsam mit ihrem Partner Noah Baumbach tat -, das Ergebnis überzeugte das Studio so, dass man der 39-Jährigen den Zuschlag als Regisseurin gab - und ein 100 Millionen-Dollar-Budget.
Eine perfekte Welt in Pink
Damit zaubert Gerwig eine Barbie-Welt, die vor allem eines ist: pink. Eine perfekte Welt, in der jeder Tag mindestens so schön ist wie der Tag davor. In der alle Frauen Barbie heißen und alle Männer Ken. Alle sind hier austauschbar, high von ihren einzigartigen Plastikhäusern, von ihren raffinierten Outfits - mit Wiedererkennungswert - und ihrem Dauerlächeln!
Es ist aber auch eine Welt, in der die Frauen das Sagen haben: nicht nur schön, sondern auch erfolgreich sind, und alle Kens dieser Welt an ihrem Begehren scheitern lassen, denn Barbies haben keine Sexualität. So räumt Gerwig nebenbei mit dem Vorurteil auf, dass Frauen, die aussehen wie Barbie, nur Männern gefallen wollen. Das wollen sie hier nun wirklich nicht. Ganz im Gegenteil. Sie sind sich selbst genug.

Raus aus Barbieland
Natürlich gibt es auch eine Geschichte. Als Barbie – gespielt von der Australierin Margot Robbie - auf einmal Gedanken an den Tod durch ihr schönes Köpfchen schießen, und ihre Füße sich den Highheels verweigern, ist die Aufregung groß. Rettung kann es nur geben, wenn Barbie in der realen Welt nach ihrer Besitzerin sucht, die verantwortlich für ihre Wesenswandlung sein muss. Barbie setzt sich also in ihr rosa Auto, ihr platinblonder Ken will auch mit, und entdeckt eine Welt, in der alles anders ist als Zuhause in Barbieland. Zum Beispiel, dass hier die Männer das Sagen haben. Was Ken natürlich ganz toll findet.
Mit dem, was die beiden in der realen Welt erleben, verändert sich ihr Blick auf das, was sie bisher hatten. Ihre Rückkehr gestaltet sich entsprechend kompliziert.

Bei allen bemerkenswerten und fantasievollen Ideen, angefangen bei der Ausstattung (die Barbie-Kenner:innen schwelgen lassen), über die Schauspieler:innen (Margot Robbie, die so wunderbar Barbie-like aussieht und Ryan Gosling, der wieder zeigen darf, wie schön er singen und tanzen kann), den gelungenen Choreografien in den Musicaleinlagen, den oft sehr witzigen Dialogen - die Idee, diese Barbie-Welt einmal ganz neu aufzuzäumen, geht nicht wirklich auf.
Überdreht und angestrengt
Zu viele Stränge werden angefasst und nicht verfolgt, verlieren sich. Wer gehofft hat, dass hier mit allen Barbie-Klischees, die das Frauenbild über Jahrzehnte geprägt haben, aufgeräumt wird, wird genauso wenig befriedigt wie die, die sich in dieser pinken Welt einfach nur amüsieren wollen. Dafür ist die Inszenierung zu überdreht und auch angestrengt. Dass Greta Gerwig letztlich scheitert, kann man ihr noch nicht einmal zum Vorwurf machen. Der Anspruch war gewaltig. Vielleicht unmöglich, ihm gerecht zu werden.
Christine Deggau, rbbKultur