Romantische Komödie - "Verrückt nach Figaro"
Erfolgreiche Fondsmanagerin gibt ihre Karriere auf und lässt sich stattdessen zur Opernsängerin ausbilden: Das klingt nach einem modernen Märchen und tatsächlich hat Ben Lewins Film streckenweise märchenhafte Züge. Dann aber zerfasert seine Geschichte in einer kitschigen Love Story – und aus der großen Oper wird eine schmalzige Operette.

Millie Cantwell (Danielle Macdonald) handelt mit Fonds an der Londoner Börse: Gemeinsam mit ihrem smarten Boss Charlie (Shazad Latif) lebt sie in einem schicken Haus, genießt das High Society-Leben und weil sie so erfolgreich ist, steht auch schon die nächste Beförderung vor der Tür. Also eigentlich alles paletti, wäre da nicht ein unerfüllter Traum: Weil Millie die Oper liebt und unbedingt mal selbst auf der Bühne singen will, schlägt sie die Beförderung aus, kündigt ihren Job und begibt sich in die Obhut der ehemaligen Operndiva Meghan Geoffrey-Bishop (Joanna Lumley), die aus ihr in nur einem Jahr einen Star machen soll – oder zumindest eine passable Sängerin.
Wer an die Oper will, muss leiden
Als die beiden Frauen aufeinandertreffen, geht der Film eigentlich erst richtig los. Denn Meghan ist ein absoluter Drachen: Sie hat sich vor Jahren von der Bühne zurückgezogen, lebt in einem kleinen Dorf in den schottischen Highlands und macht sich einen Spaß daraus, ihre Schüler zu quälen. Millie hat sie ganz besonders auf dem Kieker, denn deren Selbstbewusstsein gefällt ihr gar nicht. Meghans Maxime ist: "Wer an die Oper will, der muss leiden" – und diese Maxime gibt sie eins zu eins an ihre Schülerin weiter.
Farblose Hauptdarstellerin
Filme, in denen klassische Musik eine Rolle spielt, haben derzeit im Kino Konjunktur: Cate Blanchett etwa als machtbessene Dirigentin in "Tar" oder Oulaya Amamra, die in dem französischen Film "Divertimento" als junge Frau ihr eigenes Orchester gründet – das waren beeindruckende Darstellungen. An dieses Niveau kommt "Verrückt nach Figaro" jedoch in keiner Phase heran. Das beginnt mit Hauptdarstellerin Danielle Macdonald, die zwar in den ersten Minuten des Films einen temperamentvollen Start hinlegt, die aber mit zunehmender Dauer immer mehr an Farbe verliert und die den Wandel vom Saulus zum Paulus - von der Fondsmanagerin zur Opernsängerin - nie wirklich vermitteln kann.
Vom Saulus zum Paulus
Schlimmer noch: Weil es sich Regisseur Ben Lewin ("The Sessions", "Please Stand By") in den Kopf gesetzt hat, eine Romantic Comedy zu drehen, kommt mit dem Sänger Max Thistlewaite (Hugh Skinner) noch eine zweite Figur ins Spiel, die ebenfalls wenig Kontur zeigt. Max ist Meghans zweiter Schüler, ein Waisenjunge aus den Highlands mit großer Begabung und geringem Selbstbewusstsein, der schon seit Jahren um den Durchbruch auf der Opernbühne kämpft.

Unglaubwürdige Romanze
Eigentlich sind Millie und Max Konkurrenten, weil sie beide den gleichen Gesangswettbewerb gewinnen wollen – doch irgendwann – mitten in einem leidenschaftlichen Duett - funkt es zwischen ihnen. So will es jedenfalls das Drehbuch, denn glaubwürdig wirkt ihre Romanze an keiner Stelle. Man versteht weder, was die beiden aneinander finden, noch nimmt man ihnen die gemeinsame Liebe zur Musik wirklich ab. Und wenn Max hinter der Bühne mit einem Ring vor Millie auf die Knie geht, wird das Ganze endgültig zur (schlechten) Operette.
So bleiben am Ende auf der Habenseite nur ein paar schöne Bilder aus den schottischen Highlands (Kamera: Nic Lawson) und der beherzte Auftritt des ehemaligen Bond-Girls Joanna Lumley, die hier als zickige Ex-Diva mal eine ganz ungewohnte Seite zeigen kann – leider zu wenig für einen gelungenen Kinoabend.
Carsten Beyer, rbbKultur