Museum Barberini: Surrealimus und Magie; Leonora Carrington: Großmutter Moorheads aromatische Küche, 1975, Öl auf Leinwand © VG Bild-Kunst, Bonn 2022 / Abbildung: The Charles B. Goddard Center for the Visual and Performing Arts, Ardmore, Oklahoma
Bild: VG Bild-Kunst, Bonn 2022 / Abbildung: The Charles B. Goddard Center for the Visual and Performing Arts, Ardmore, Oklahoma

Ausstellung | Bis 29. Januar 2023 - Museum Barberini: "Surrealismus und Magie. Verzauberte Moderne"

Der Surrealismus will Träume sichtbar machen, das Unterbewusste, das Magische, das Unfassbare. Das Museum Barberini zeigt eine große Ausstellung mit surrealistischen Gemälden, für die Bilder aus 50 Museen auf der ganzen Welt zusammengetragen wurden.

Endlich sind sie da - neun Leihgaben aus der Privatsammlung von Peggy Guggenheim. Seit vier Jahren wartet Daniel Zamani darauf, sie im Museum Barberini zu zeigen. Nur selten dürfen sie die Guggenheim Collection in Venedig verlassen. Die Sammlerin und Mäzenin Peggy Guggenheim kannte die Künstler*innen persönlich. Von Salvador Dali, dem schon damals prominentesten Surrealisten, kaufte sie nur dieses eine Bild. Der Vollständigkeit halber - seine Kunst machte ihr Angst.

Die Welt der Begierde, des Unbewussten, der Wünsche und Ängste, das ist der Stoff, aus dem die Surrealisten schöpften, die sich im Paris der 1920er Jahre um den Schriftsteller André Breton formierten. Ihre Kunst ist eine Einladung, das Seelenleben ernst zu nehmen. Bilder von alptraumhafter Intensität, wie das Gästezimmer von Dorothea Tanning oder die dunkel-geheimnisvollen Portraits der argentinischen Malerin Leonor Fini. Es ist die erste Ausstellung in Deutschland, die das Interesse der Surrealisten an Okkultismus und Magie in den Mittelpunkt stellt.

Bild von Max Ernst mit tragischer Geschichte

Kurator Daniel Zamani: "Hier ist ein Selbstportrait von Leonore Fini als engelsgleiche Verführerin in einer apokalyptischen Sumpflandschaft. Wenn man aber genau hinschaut, in der unteren Hälfte ist ihr Alter Ego zu sehen, als monströses Wesen, das zerstörerisch ist. Fini war fasziniert von der Vorstellung eines prähistorischen Matriarchats und den Theorien über die Muttergöttin. Also, die Muttergöttin ist immer Hüterin über Leben und Tod: Sie gibt Leben, aber sie nimmt auch Leben. Und hier zeigt Fini sich selbst, als diese duale Gottheit."

Die Einkleidung der Braut von Max Ernst ist im Gegensatz zum Dali eines der Lieblingsgemälde von Peggy Guggenheim. Sorgfältig wird es auf mögliche Transportschäden untersucht. Es ist ein Bild, das eine tragische Geschichte hat.

Museum Barberini: Surrealismus und Magie. Verzauberte Moderne

Leonora Carrington als Hexenwesen

"Das Bild war für uns der Ausgangspunkt der gesamten Ausstellung, weil da ganz ganz viele Stänge zusammen fließen. Es ist voller Anspielungen auf Hexerei, auf Alchemie, auf Okkultismus. Die zentrale Frauengestalt, die wir hier sehen, das ist die Partnerin von Max Ernst, Leonora Carrington, die er als Hexenwesen zeigt, als Zauberwesen.

Carrington und Ernst haben sich Ende der 1930er Jahre in Paris kennengelernt, sie haben sich sofort ineinander verliebt, sind dann nach Südfrankreich gezogen, nach Saint Martin D‘ Ardèche, haben sich da intensiv über ihre Faszination für Okkultismus und Magie ausgetauscht, und das Bild hier hat ja auch befremdliche Elemente, es hat ein Moment von Gewalt oder Verunsicherung auch hier mit dem abgebrochenen Speer an der linken Bildhälfte. Es ist letzten Endes auch ein Statement über die Verunsicherung in der Beziehung. Leonora Carrington und Max Ernst sind dann über die Wirren des Zweiten Weltkriegs auseinander gekommen. Sie ist nach Spanien geflohen, er ist in die USA gereist, unterstützt durch Peggy Guggenheim und hat dann später Peggy Guggenheim auch geheiratet."
Daniel Zamani, Kurator

Inspiriert von phantastischen Bildwelten

Ein ganzer Raum ist dem Spätwerk von Leonora Carrington gewidmet. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs reist die Britin in den 1940er Jahren nach Mexiko aus. Ihre Kunst ist inspiriert von den phantastischen Bildwelten Hironimus Boschs und ihrer Rückbesinnung auf die keltische Mythologie die sie durch ihre Großmutter kennenlernte.

Es geht den Surrealisten nicht um den Glauben an dunkle Mächte, sondern um die Kraft der Phantasie. Ein Bild des französisch-rumänsichen Künstlers Viktor Brauner heißt "Der Surrealist" – es ist angelehnt an eine Tarrotkarte.

Daniel Zamani, Kurator: "Brauner war ein jüdischer Künstler, der sich in den 1940er Jahren vor den Nationalsozialisten in Frankreich versteckt hat, und er hat dem Magier seine Gesichtszüge gegeben, das war natürlich auch ein wahnsinniges politisches Statement, dass ein Künstler, der den Holocaust überlebt hat, sich als ein Magier zeigt, der im Besitz der Unsterblichkeit ist."

Faccettenreich und bildstark ist "Surrealismus und Magie" - eine Ausstellung, die unbedingt sehenswert ist. Keine Angst vor düsteren Bildern!

Kurator Daniel Zamani: "Ich glaube, wenn man sich ein surrealistisches Bild anschaut, ein guter Zugang ist, als wenn man grade aus einem Traum aufgewacht ist und man denkt sich: Hä, was hab ich da grade geträumt? Man erinnert sich an Motive, an Menschen an einzelne Symbole, aber man muss es irgendwie selbst zusammen setzen."

Charlotte Pollex, rbb Kultur - Das Magazin