
Geschmackssache - "Obermaier" Restaurant-Salon
Borretsch, Kerbel, Petersilie, Sauerampfer und Schnittlauch, Gurke, Knoblauch, Zwiebel, Stauden- und Knollensellerie, dazu Apfelessig, ein paar Spritzer Zitrone, eine Idee Olivenöl, Schmand, Sauerteigröstbrot: So lautet die Zutatenliste des eindrucksvollsten Gerichts in einem Restaurant, das für eines der besten Schnitzel der Stadt steht. Und der wohl besten Kalbsbouletten dazu.
Keine Frage, das Obermaier weiß nicht nur mit seinem herrlichen Sellerietatar zu überraschen, das wie im Nebenbei vorführt, was vielen vegetarischen Restaurants fehlt. Inhaberin Dunja Funke und Restaurantleiterin Mariel Jana Supka sind ausgemachte Theaterleute, die ihrem gastronomischen Unternehmen nicht zufällig den Untertitel "Salon" gegeben haben. Bis zur allgemeinen Arrestzeit fanden Kulturveranstaltungen wie Lesungen, szenische Spiele und musikalischen Darbietungen dort statt, die den Ort weit über Kreuzberg hinaus Bedeutung verliehen.
Süddeutsche- und österreichische Küche
Auch wenn eine Veranstaltung "Wenn ich Toast Hawaii sehe, muss ich immer weinen" hieß, drang der Kunstsinn auf anderem Wege in die Küche ein als über eine Hommage an das Werk des ersten deutschen Fernsehkochs. Vielleicht charakterisiert man ihn am besten, wenn man sagt, hier beschäftige sich ein sicheres Geschmacks- und Schönheitsempfinden mit klassischen Rezepten der süddeutschen und österreichischen Küche. Der von Bäumen beschattete Kiesgarten ist die ideale Bühne für den Genuss von durchweg mit hohem persönlichem Interesse bereiteten Gerichte.

Hohe Qualität
Aber zwischen einer herzhaften Leberknödelsuppe, die wärmer auf den Tisch kommen könnte und der Knödel ein bisschen lockerer, und einem Umami-tiefen Gulasch in cremiger Sauce mit dottrigen Spätzle und den obligatorischen buttrig-brotigen, von Zimt behauchten Marillenknödel gibt es auch marinierte Thunfischwürfel. Die Qualität des Einkaufs ist hoch, seine Präsentation als Würfel in einer von Soyasauce gestreiften Marinade mit frischer Kren entspricht ihr voll und ganz, der zu einer Art Osternest arrangierte Salat ist wohl ein psychologisches Element. Der eher schwäbisch orientierte Kartoffelsalat zum buttrigen Schnitzel ist es nicht. Oder nur, weil man so gerne an ihn zurückdenkt.
Thomas Platt, rbbKultur