Delikatesse statt Dosenfisch - Fett, aber gesund: Makrele
Wenn es um gesunden Fisch geht, ist immer wieder von Lachs und Hering die Rede. Makrelen, deren Bestände zum Glück noch nicht als überfischt gelten, sind ebenfalls reich an Omega 3-Fettsäuren, aber heutzutage nicht besonders beliebt: die Nachfrage nimmt mit jedem Jahr ab. Dem "Aschenputtel" unter den Speisefischen haftet womöglich das Image an, eher für Dosenkonserven geeignet zu sein. Dabei ist Makrele in der Fangsaison Mai und Juni eine echte Delikatesse, deren markanter Geschmack sich ideal mit fruchtig-säuerlichen Zutaten kombinieren lässt, u.a. mit dem Saisongemüse Rhabarber.
Wer vor der Wende in einem Restaurant der DDR-Kette "Gastmahl des Meeres" war, weiß, dass die Szene mit Dieter Hildebrandt als Kellner in Peter Timms Ost-West-Komödie "Meier" nicht ganz aus der Luft gegriffen war: Trotz der langen Speisekarte gab es doch immer nur die Wahl zwischen "Makrele gebraten", "Makrele gekocht" und "Makrele gedünstet".
Makrelen-Bashing hat eine lange Tradition
Makrelen-Bashing hat eine lange Tradition, die weit in der Geschichte zurückreicht. Im alten Rom mochte man viel lieber Thunfisch und Meerbarben. Schuld daran war vielleicht auch die schlechte Haltbarkeit: Der hohe Fettanteil macht Makrelen schnell verderblich, und damals waren die Kühlungsmöglichkeiten eher beschränkt.
Für Dichter wie Catull und Martial waren manche literarischen Werke nur gut genug, um Makrelen darin einzuwickeln. Die fetten Fische waren vor allem Essen für das Volk, und die Innereien wurden verwendet, um draus Garum herzustellen, eine fermentierte Würzsauce. Freude an frischen Makrelen hatten vor allem Menschen, die in Küstennähe lebten: Geräuchert oder eingelegt waren sie allerdings überall verfügbar, und heute zählen Makrelen in der Dose zu den am meisten konservierten Fischen, zusammen mit Hering, Sardinen und Thunfisch.
Geräuchterte Makrelen gehören zum Standardangebot in jedem Fischgeschäft, während frische oft gar nicht erst angeboten werden. Ganz anders in Japan: Makrelen in hervorragender Qualität sind eine gefragte Zutat für Sushi und Sashimi.

Sportlicher Vielfraß
Makrelen leben im Mittelmeer und entlang der europäischen Atlantikküste und kommen sowohl in der Nordsee als auch in der westlichen Ostsee vor, wobei sich die Arten leicht unterscheiden. Noch nicht gefährdet seien die Bestände im Nordostatlantik, aufgrund besseren Fischereimanagements und nachhaltigerer Fangtechniken; von den stark überfischten Makrelen am Mittelmeer sollte man wiederum die Finger lassen. Die graublausilbernen, getigerten Raubfische sind bewegungsfreudig und sehr wichtig für das Ökosystem: Sie ernähren sich von Plankton, aber auch von der Brut anderer Fischarten und von kleinen Weichtieren und werden wiederum selbst vom edleren Cousin, dem Thunfisch, gejagt.
In der Sommersaison legen Makrelen sehr viel Fett an, das sie für die Wintersaison brauchen, da sie sich in den tiefen, kalten Meeresgrund zurückziehen und kaum mehr essen. Ihre Gefräßigkeit ist sprichwörtlich: Um sie zu fangen, reiche es, irgendwas ins Wasser zu werfen - selbst beim Haken ohne Köder sollen sie anbeißen. Unklar ist, ob das französische Wort "Maquereau" - "Zuhälter" - sich auf diese rücksichtslose Habgier bezieht.
Vielfältig und unkompliziert in der Zubereitung
In der Zubereitung sind Makrelen äußerst unkompliziert: Sie haben keine Schuppen und wenig Gräten, sind meistens klein – selten werden sie länger als 30 cm – und sind daher weniger schwermetall- und mikroplastikbelastet als z.B. Thunfisch, Schwertfisch und Lachs.

Ihr festes, rötliches Fleisch ist schmackhaft und wird nicht so schnell trocken und eignet sich daher besonders gut für den Grill. In Berlin und im Umland finden sich mittlerweile Marktstände, die u.a. Makrelen am "Steckerl" grillen, wie in Bayern üblich, weil sie anders als Saibling und Forellen nicht so schnell austrocknen.
Ob gegrillt, gebraten oder gebacken: Wichtig ist, Makrele als ganzen Fisch oder Filets auf der Haut zu braten. Diese lässt sich anschließend leicht entfernen und das Fleisch bleibt saftig und kompakt. Wer am markanten Geschmack wenig Freude hat, kann ihn etwas mit aromatischen Kräutern wie Minze, Thymian oder Thai-Basilikum überspielen oder mit säuerlichen Zutaten wie Zitronen, Ingwer oder Rhabarber abschwächen. Makrelen eignen sich, verschieden zubereitet und mit beinah allen möglichen Zutaten kombiniert zu werden. Wer damit experimentiert, wird merken, dass mit diesem etwas unbeliebten Fisch viel mehr möglich ist als damals im "Gastmahl des Meeres" angeboten wurde: gebraten, gekocht und gedünstet.
Elisabetta Gaddoni, rbbKultur