City-Küche auf dem Holzmarkt-Gelände an der Spree - Restaurant "Katerschmaus" in Berlin-Friedrichshain
Das aus der Berliner Club-Ära hervorgegangene "Katerschmaus" auf dem Projekt-Gelände "Holzmarkt 25" hinterlässt zwiespältige Gefühle. Zum einen wirkt der von Palisaden geschützte Ort immer noch improvisiert und erfüllt von alternativem Geist wie ganz zu Anfang, aber er scheint doch ein wenig in die Jahre gekommen. Auf das Restaurant und seine gutbürgerliche City-Küche hat das nur bedingt Einfluss. Sonne und Wolken wechseln dort wie am Himmel über der Spree.
Abenteuerspielplatz Holzmarkt
Die Raubtiere haben längst den Besitzer gewechselt, auch der Elefant kam unter den Hammer. Dompteure, Hochseilartisten und Dressurreiter haben das Weite gesucht. Zuletzt sogar der Direktor. Nur die Clowns sind geblieben. Nun gebieten sie über die Manege.
Wie das Lager eines Zirkus, der Konkurs gegangen ist, kann sich die Phantasie das Treiben auf dem Holzmarkt 25-Gelände ausmalen. Oder nüchterner als das eines der vielen alternativen Berliner Projekte, die dem Außenstehenden wie eine bunte Mischung aus besetztem Haus, Containerdorf, Piratennest und Abenteuerspielplatz vorkommen kann. Angestoßen, abgegriffen und ein wenig in die Jahre gekommen, wirkt das Geschehen südöstlich des Alexanderplatzes weder besonders gastfreundlich noch etwa heimelig.
Am ehesten noch einladend scheint der genossenschaftliche Verbund im Restaurant "Katerschmaus" direkt an der Spree - insbesondere dann, wenn die Sonne mit ihren gläsernen Armen auf die Terrasse greift. Weil der Service sich viel Zeit nimmt, seine Arbeit ordnungsgemäß auszuführen, entdeckt das Auge drüben auf dem Kreuzberger Ufer immer neue Details, die ihm bei zügigerem Auftragen vermutlich entgangen wären.

Wenig Balance
Wenn an einem solchen Ort überhaupt von Balance gesprochen werden sollte, dann doch wohl bei den Zutaten der Gazpacho mit Mandelspänen (7,00 Euro), die man sonst auf Kuchen findet. Bei der kalten spanischen Suppe erschöpft sie sich jedoch im Zusammenspiel von Wässrigkeit, Unfrische und ein paar Bitternoten, auf sich auf die Beteiligung von Paprika beschränkt.
Dagegen fehlt dem lieblos zusammengeworfenen "Caesar Salat" (9,00 Euro) das Abgestandene. Überwiegend aus knackigem Römersalat bestehend, wie es die Tradition will, weicht man vom klassischen Arrangement ab, indem Kapernfrucht hinzugefügt wird. Diese berühmte Verlegenheitszutat soll wohl damit versöhnen, dass im Dressing das obligatorische Eigelb fortgelassen wurde.

Pfiffig: die "Kater Bowl"
Während der Brathering mit Salzkartoffeln, Schmand, Gurkensalat und einer sogenannten Hausfrauen-Sauce (13,00 Euro) wohl mehr etwas für Haushandwerker zu sein scheint, kann sich die "Kater Bowl" als eigenständige Kreation von einiger Pfiffigkeit sehen lassen. Das vom koreanischen Bibimbab abgeleitete Schüsselgericht besteht aus Möhre, Spinat, Sojabohnensprossen, Shiitake-Pilzen, Spiegelei und einer beachtlichen "Sesamchillicreme". Sie bringt die nebeneinander sortierten Zutaten zusammen und hilft dabei, den ein bisschen verkochten Reis darunter nicht weiter ernst zu nehmen.
Wenn man das stark mit Knoblauch aromatisierte und schön mürbe Rinderbulgogi dazu bestellt (6,00 Euro), dann erhält die Ansammlung schmackhafter Details ein starkes Zentrum.

Versöhnender Abschluss mit Zander und Eisbombe
Einen Mittelpunkt besitzt der Fischgang in einer üppigen Tranche vom Zander. Sie ist gleichsam lauthals gebraten worden und dabei noch ziemlich saftig geblieben. Wunderbar fleischig-buttrige Spinatblätter, gebratene Kartoffelwürfel und die zurückhaltende Zitronenvelouté im Stil einer Beurre blanc ergeben ein ausgesprochen natürlich wirkendes Gericht, das einen gleich im Vorhinein mit der mehligen Crème brûlée (6,00 Euro) danach versöhnt.
Der Waldmeister-Himbeer-Eisbombe hingegen muss der Gast nichts nachsehen, im Gegenteil – sie schlägt voll ein. Wenn der im Kern des cremigen Fruchtsorbets eingelagerte Waldmeistersirup austritt, dann verduftet das typische Selbstgedrehten-Flair des Ortes endgültig.
Thomas Platt, rbbKultur