"Dry January" - Alkoholfreier Wein und Sekt im "Null Prozent"-Späti
Im "Dry January" verzichten viele einen Monat lang auf alkoholhaltige Getränke - als Ausgleich und zur Regeneration nach den Ausschweifungen der Weihnachts- und Silvesterfeier. Der Trend ist schon seit einigen Jahren zu beobachten, entsprechend wächst auch das Angebot an alkoholfreien Alternativen bei Wein und Sekt. "Null Prozent", Berlins erster alkoholfreier "Späti", bietet über 200 verschiedene alkoholfreie Getränkealternativen an - alles im Dienst der Nüchternheit, aber auch des Genusses.
Der kleine Souterrainladen unweit der Kreuzberger Bergmannstraße präsentiert sich als Anbieter sorgfältig ausgewählter Getränke, die Genuss ohne Kater versprechen. Vom Sparkling Riesling und Merlot Rosé bis zum Verdejo aus Spanien und Champagner Bratbirne: Das breite Angebot auf den Regalen kann mit dem eines normalen Weinladens durchaus mithalten.
Genuss ohne Kater
Gründerin und Geschäftsführerin Isabella Steiner hat Soziologie studiert und beschäftigt sich schon seit 2015 mit dem Trend zur "Sobriety" oder "Sober Curiosity". Diese Bewegung argumentierte vor allem aus der Perspektive der Sucht. Heute geht es aber darum, Alkoholfreies gesellschaftsfähig und gleichberechtigt zu machen. Doch es ist in einer Partystadt wie Berlin nicht gerade einfach, der Versuchung des Alkohols zu widerstehen: Feierabendbier oder -Aperol Spritz, Sekt bei Anlässen wie Familien- oder Firmenfeiern ... Sich zu entziehen, fällt schwer - und wer oft unterwegs ist, riskiert, einfach zu oft zu viel zu trinken.
"Was trinke ich, wenn ich nicht trinke?"
Diese Frage stellen sich längst nicht nur Schwangere. Isabella Steiner wünscht sich, dass bald alle Gastgeber:innen - ob privat oder in der Gastronomie - auch hochqualitative alkoholfreie Getränke anbieten. Die Zeichen dafür stehen gut: Mit jedem Jahr kommen neue Produzenten dazu - ob traditionelle Winzer aus Deutschland, Italien, Frankreich oder Spanien oder Startups, die die Welt der Spirituosen auf den Kopf stellen wollen.
Auch die Qualität nimmt langsam zu. Isabella Steiner wählt erlesene Produkte, die sich deutlich vom Supermarktangebot abheben. Meist handelt es sich nicht um Traubensaft, mit oder ohne Kohlensäure, sondern um Weine, denen der Alkohol in einem teuren und aufwendigen Verfahren entzogen wurde. Das erklärt auch den Preis, der nicht niedrig ist, obwohl diese Getränke keiner Alkoholsteuer unterliegen.
Viele alkoholfreie Weine und Sekte schmecken nicht wirklich rund und ausgeglichen. Die Abwesenheit von Alkohol, der für Spannkraft und Mundgefühl sorgt, lässt Wein oft zu flach oder sogar zu süß wirken, vor allem Rotwein. Bei Sekt hilft die Kohlensäure manchmal ein wenig, diesen Eindruck zu überspielen.

Wenig oder kein Alkohol ist doch eine Lösung
Mit Riesling erreichen die Produzenten mittlerweile gute Ergebnisse, selbst bei stillen Weißweinen. Schon jetzt ist es also möglich, auf Alkoholfreies umzusteigen - ob ganz, für einen Monat oder nur wochentags. Und mit einem besseren Gefühl, wenn es darum geht, das Glas zu heben und auf etwas anzustoßen: Mit Wasser oder Orangensaft sieht es einfach etwas schäbig aus.
Elisabetta Gaddoni, rbbKultur