Noodle-Restaurants in Berlin - Die Vielfalt der asiatischen Nudeln
Ob kurz oder lang, dünn oder breit: die Kunst der asiatischen Noodles ist nicht minder vielfältig als die der italienischen Pasta. Chinesische, japanische, vietnamesische und koreanische Restaurants bieten in den letzten Jahren verstärkt frische, handgemachte Nudeln an. Elisabetta Gaddoni hat drei Lokale besucht, die asiatische Noodles nach verschiedenen regionalen Traditionen zubereiten und anrichten.
China oder Italien? Über die Herkunft der Nudeln wird seit jeher debattiert. Immer wieder wird behauptet, das Nudelrezept sei erst mit Marco Polo aus China nach Italien gelangt - also erst 1295, als er von seiner fast 25-jährigen Reise durch Asien in seine italienische Heimat zurückkehrte. 2005 ist in China bei Ausgrabungen ein ca. 4.000 Jahre alter Topf mit langen, spaghettiartigen Nudeln gefunden worden.
Überall erfunden ...
Ob italienische Pasta erst von dort importiert werden musste, entlang der Seidenstraße, ist aber wenig plausibel: Breitere Teigwaren waren bereits im alten Griechenland und im alten Rom unter dem Namen laganon/laganum bekannt, der in Süditalien noch heute geläufig ist.
Wahrscheinlicher ist, dass Nudeln überall "erfunden" worden sind, wo Weizen oder ähnliches Getreide wachsen konnte. Inder und Araber sollen bereits im 11. und 12. fadenförmige Nudeln hergestellt haben - die Araber führten allerdings in Sizilien die Kunst ein, Teigwaren zu trocknen und somit haltbar zu machen. Von dort aus, noch vor Marco Polos Rückkehr, startete der Siegeszug der Pasta durch Europa.
Von Norden nach Süden
Viel interessanter als die Frage um die Herkunft ist die Kreativität, die im Umgang mit Nudelteig an den Tag gelegt wird - egal wo. Italienische Pasta zeichnet sich über die Vielfalt der Formen aus, wird aber meist in gesalzenem Wasser gekocht. Asiatische Nudeln sind meistens länglich, dafür fällt die Bandbreite der Zubereitungen auf: Sie werden gekocht, gedämpft oder gebraten. Oft werden sie frisch, per Hand zubereitet und direkt in den Topf gegeben, anschließend mit anderen Zutaten, mit Gewürzen, Brühe oder Saucen angerichtet und serviert.
Im Norden Chinas spielen Nudeln eine größere Rolle als Reis. Dort werden sie in kleinen Straßenküchen zubereitet und gleich der Kundschaft gereicht. Weizenmehl ist meist die Grundlage, aber es gibt ebenso Mungobohnen-, Soja- und Buchweizennudeln, während im Süden, wo im feuchten Klima Reis angebaut wird, vor allem Reisnudeln die traditionelle Küche prägen.
Fest, aber formbar
In Berlin und der umliegenden Region gibt es immer mehr Lokale, die ihrer Kundschaft frische, handgemachte Noodles anbieten - oft in der offenen Garküche, in der der gekonnte, flinke Umgang mit dem Teig bewundert werden kann.
Im winzigen "Wen Cheng", von dem es mittlerweile eine etwas größere Filiale gibt, auch an der Schönhauser Allee, sind es sogenannte Biang Biang Noodles, die live zubereitet werden: Die langen und sehr breiten Nudelstreifen, die Pappardelle ähneln, sind eine Spezialität aus Shanxi, einer Provinz im Norden Chinas.
Der elastische Teig, für den glutenreiches Mehl und längere Ruhepausen während der Zubereitung erforderlich sind, wird in längliche Streifen ausgerollt und dann in die Länge gezogen, dabei er immer wieder gegen die geölte, glatte Arbeitsfläche geschlagen wird. Ist die erwünschte Länge erreicht, landen die Noodles direkt im Topf, um dann nach kurzer Garzeit in Schalen angerichtet zu werden: In Shanxi spartanisch mit Sojasauce, Knoblauch, Chili und Frühlingszwiebeln, in den Metropolen der Welt vielfältig und üppig mit geschmortem Rindfleisch, Lamm oder Hühnchen oder mit Tofu, Seitan und Shiitake-Pilzen und viel Chili-Öl.
Die langen Noodles sind etwas dicker und glatter als italienische Bandnudeln. Durch die Länge und die reichliche Sauce, in der sie angerichtet werden, sind sie etwas beschwerlich zu essen. Der glutenreiche Mehl sorgt aber für das angenehme, runde Mundgefühl, das wir mit Pasta verbinden.

Teig unterm Messer
Ein paar Straßen weiter bietet "Sword Meister Noodle" Bandnudeln nach koreanischer Art an - nicht "gezogen", sondern mit dem Messer geschnitten, auch eine Spezialität aus der Straßenküche. Auch hier kann die Herstellung durch die gläserne Küche bewundert werden. Der Teig wird nicht per Hand, sondern mit Hilfe einer Maschine ausgerollt. Nach dem Schneiden landen die fertigen Streifen, die entsprechend Kalguksu - "Messer-Nudeln" - heißen, fast unmittelbar im Topf. Nach kurzer Garzeit werden sie in der Pfanne in Chiliöl geschwenkt, anschließend in der Schale mit vielfältigen Zutaten angerichtet und wahlweise mit Hühnchen, Rindfleisch, gegrillten Pilzen oder Muscheln und in einer reichhaltigen Brühe oder in einer würzigen, scharfen Sauce gebettet.
Spezialität des Hauses ist ein sous vide geschmorte Rinderrippe, in deren dunklem und für meinen Geschmack etwas zu fettigem Sud die Bandnudeln eingerichtet werden. Auch hier zeichnen sich die Noodles durch Biss und Eigengeschmack aus.
Von pink bis schwarz
Im vor Kurzem eröffneten, panasiatischen "Noumì" am Friedrich-Wilhelm-Platz in Berlin-Friedenau wird die traditionelle südostasiatische Nudeltradition neuinterpretiert, indem die handgemachten Nudeln in vielen Farben strahlen: pink durch Rote Bete, grün durch Spinat, orange durch Karotte, gelb durch Curcuma und schwarz durch Tintentisch. Sesamnudeln gibt es auch, in beige, und natürlich gibt es auch herkömmliche Weizen- oder Reisnudeln.

Da das Lokal sehr groß ist, lässt sich eine gläserne Garküche kaum umsetzen. Womöglich wird einiges auf Vorrat zubereitet, denn die Schalen mit den verschiedenen Sorten Noodles und entsprechenden Beigaben und Saucen kommen schon wenigen Minuten nach der Bestellung auf den Tisch. So wie in den anderen erwähnten Lokalen beschränkt sich auch hier die Schärfe auf einen verträgliche Grundnote, die mit den restlichen Gewürzen harmoniert. Offensichtlich wird auf die Kundschaft Rücksicht genommen, die nicht in diese Küche hineingeboren wurde. Traditionell werden Noodles viel schärfer gewürzt, vor allem im Westen Chinas: Eine Chili-Schärfe, der man gewachsen sein muss, um nach den ersten zwei Minuten noch in der Lage zu sein, den Rest des Gerichts zu schmecken ...
Elisabetta Gaddoni, rbbKultur