Oeuf Mayo © Elisabetta Gaddoni
Elisabetta Gaddoni
Bild: Elisabetta Gaddoni

Delikatesse mit 70er Jahre-Flair - Französischer Ei-Klassiker: Oeuf Mayo

Es gibt in jedem Land einfache Gerichte, mit denen man testen kann, ob ein Restaurant sein Handwerk versteht. In Frankreich bestellt man dafür Oeuf Mayo, Ei mit Mayonnaise. Dass so ein kleines Gericht Perfektion verlangt, darauf bestehen die Gründer einer ungewöhnlichen Initiative - der "Vereinigung zur Errettung des Eis mit Mayonnaise" - "Association Sauvegarde Oeuf Mayo". Elisabetta Gaddoni hat mit Jean-Paul Chimento, Patron des Kreuzberger Bistrots "Pas Normal" über die Kunst des perfekten Oeuf Mayo gesprochen.

Hartgekochte Eier mit Mayonnaise sind hierzulande kein besonderes Highlight, eher ein altmodischer Partyklassiker, der Erinnerungen an die 70er Jahre hervorruft. Eine besonders lange Tradition hat Oeuf Mayo in Frankreich, selbst wenn die Erfindung wohl bis ins Alte Rom zurückreicht. Vom Gericht der Hofküche des Ancien Régime wurde das Ei mit Mayonnaise ab dem 19. Jahrhundert immer mehr zu einem schnellen Snack für Hungrige, der eher in Bistrots und Kantinen angeboten wurde. Erst Ende der 1980er Jahre hat dieses kulinarische Aschenputtel die Aufmerksamkeit der gehobenen Gastronomie gewonnen.

Perfektion im Kleinen

Eine Gruppe von Restaurantkritikern hat 1987 die ASOM gegründet (Association de sauvegarde l’oeuf mayo) und die Kriterien festgelegt, die das perfekte Ei mit Mayonnaise erfüllen sollte: Das Ei soll von hoher Qualität sein, das gekochte Eigelb eine cremige Konsistenz aufweisen und die Mayonnaise soll unbedingt frisch und handgemacht sein. Auch wichtig: Die Eihälften werden weder zu kühl noch zu warm serviert, mit rohem oder gegartem Gemüse der Saison.

Seit 2013 veranstaltet die ASOM jedes Jahr in Paris einen Oeuf Mayo-Wettbewerb, an dem sich Vertreterinnen und Vertreter der Spitzengastronomie beteiligen - darunter Koryphäen der französischen Kochkunst wie Alain Ducasse und Pierre Gagnaire. Viele der Rezepte, die bei der hochkarätigen Auseinandersetzung mit diesem populären Gericht entstanden sind, stellt ein Buch vor, das vor zwei Jahren erschienen ist - leider nur auf Französisch: "L’Oeuf Mayo. Recettes extraordinaires par 49 grands chefs".

Jean-Paul Chimento, Betreiber des "Pas Normal" © Elisabetta Gaddoni

49 Spielarten vom Ei mit Mayo

Ich überlege mir, wer dazu mehr wissen könnte, und besuche Jean-Paul Chimento, Patron des hübschen kleinen französischen Café-Bistrots "Pas Normal" in der Kreuzberger Friesenstraße. Jean-Paul Chimento findet es kurios, dass ich ihn auf das Thema Oeuf Mayo anspreche - und staunt erst recht, als ich die ASOM erwähne, die Organisation, die sich auf die Errettung des Eis mit Mayonnaise eingeschworen hat. Ein Mitglied der Organisation muss anonym das Lokal besucht haben, denn im Toilettenbereich klebt ein Sticker der ASOM.

War er vielleicht enttäuscht, weil es an dem Tag kein Oeuf Mayo gab? Das Gericht tischt Jean-Paul eher bei privaten Feiern auf. Auf der Karte gibt es das Gericht im Sommer, mit Oliven, Cornichons, Lachs, Piment d’Espellette und frischen Kräutern angerichtet.

Snack mit 70er Jahre-Flair

Blumige Varianten wie Oeuf Mimosa, mit flockigem Eigelb, erinnern ihn an seine Kindheit und Jugend in Frankreich der 70er Jahre. Oeuf Mimosa so kunstvoll hinzubekommen wie auf den schönen Fotos des "Oeuf Mayo"-Buchs sei schwierig, dazu brauche man viel Übung - so wie auch bei der Herstellung einer guten Mayonnaise. Wir blättern zusammen durch das Buch: Es ist faszinierend, wie sich Kreativität im Umgang mit solch einem minimalistischen Gericht unendlich entfalten kann.

Ich überlasse Jean-Paul das Buch. Mal schauen, ob Anregungen aus den 49 Rezepten in die Kreationen fließen, die demnächst im "Pas Normal" auf der Karte stehen werden.

Elisabetta Gaddoni, rbbKultur

Weitere Rezensionen

Mutzenbacher © Thomas Platt
Thomas Platt

Saftgulasch, Backhendl, Wiener Schnitzel & Co. - "Mutzenbacher" in Berlin-Friedrichshain

Die Speisen der alpenländischen Küchen verströmen immer eine gewisse Gemütlichkeit. Das ist auch im "Mutzenbacher" so, wo österreichische Tradition ohne Umschweife gepflegt wird. Doch seine Atmosphäre und das Terrain ringsum haben so gar nichts Treusorgendes oder vielleicht sogar Biederes an sich. Von diesem Widerspruch, der vom Beinamen "Schnitzelpuff" auf den Begriff gebracht wird, bezieht die allabendliche Veranstaltung erheblichen Reiz. Zwischen den avanciert urbanen Szenen von Friedrichshain und Kreuzberg gelegen, behauptet sich dieses besondere Wirtshaus aus eigenem Recht.

Irischer Boxty © imago images/ agefotostock
imago images/ agefotostock

ARD-Kinderradionacht - Kartoffelheld:innen

Kartoffeln lassen sich vielfältig zubereiten, ob als Pommes, Püree oder Salat. Frischgemachte Kartoffelpuffer sind sehr beliebt, ihre Zubereitung aber nicht: blutige Fingerkuppen beim Reiben der Knollen möchte niemand bekommen. Eine Alternative sind Boxty, die köstlichen Kartoffelpuffer aus Irland, die zum Teil mit vorgegarten Kartoffeln gemacht werden. Zum Trinken gibt es blaues Wasser und Ayran in pink.

Pink Room © Thomas Platt
Thomas Platt

Feine Fusion-Küche am Gendarmenmarkt - "Pink Room Berlin"

Es ist eine Fusion, die erst einmal verwirrt: die Vereinigung der japanischen mit der levantinischen Küche in einem Menü. Der Berliner Sternekoch Gal Ben Moshe (Restaurant "Prism") hat unlängst in einer luxuriösen Club Lounge am Gendarmenmarkt ein epochemachendes Experiment gestartet, das zwei Traditionen vereint, die einander auszuschließen scheinen. "Pink Room Berlin" heißt das Restaurant.

Bewertung: