Dieselhaus – Leberknödel auf Kartoffelstampf; © Thomas Platt
Thomas Platt
Bild: Thomas Platt

Ausflugsgastronomie mitten in Mitte - "Dieselhaus"

Bewertung:

Das neue "Dieselhaus" schließt sich dem Minimalismus eines Baumeisters an, dessen ordnende Hand das "Forum an der Museumsinsel" geprägt hat. Zumeist bayerisch inspirierte Tellergerichte beschränken sich aufs gerade Nötige. Hocherfreuliche Ausnahmen bilden das Traunsteiner Bier und die Weißwürste der Berliner Spitzenmetzgerei Bünger.

Eigentlich schmeckt ja nur der erste Schluck. Doch das fassfrische Helle und auch das Weißbier vom Hofbräuhaus Traunstein macht auch danach noch Spaß. In diesen Werken Chiemgauer Braukunst verbinden sich die leicht bitteren Anflüge des Hopfens mit einer delikaten Würze. Eingebunden sind diese prägenden Elemente in süffige Leichtigkeit.

Als Geselligkeitsgetränk benötigt Bier zudem drei Begleiter: Frische, Kühle und Sonne sowie – das wird oft übersehen – ein wohl gestaltetes Ambiente. Spätestens zum Zug kommt es in seiner Wirkung, wenn die weniger ansprechenden, ja retardierenden Seiten dieses bayerischen Traditionstreibstoffs die Oberhand gewinnen. Das gilt umso mehr, wenn die Terrasse zum Wartesaal des Hungers wird.

Einzigartiges Architektur-Ensemble

Dies alles und noch etwas mehr gibt es auf einem neu entstandenen Areal zwischen Oranienburger Straße und Spree. Als innerstädtischer Ruhepunkt könnte es das "Forum an der Museumsinsel" eines Tages sogar zum "Place des Vosges" der deutschen Hauptstadt bringen. Heute handelt es sich erst einmal um einen völlig neu entstandenen Platz, der noch nicht an die Fußgängerströme von Mitte angeschlossen ist.

Ein stilisiertes Birkenwäldchen mit Rollrasen, Wasserspiele, Gaslaternen (mit LED-Technik), Gründerzeitbänke und ein bayerisch-preußischer Biergarten sollen Besucher anlocken. Die Attraktivität jedoch rührt in erster Linie von einem einzigartigen Architektur-Ensemble her. Dessen Gebäude wetteifern um die Gunst des Blicks mit Neorenaissance/Neobarock, Art-Déco und Expressionismus, International Style, Bauhaus, DDR-Deluxe und dem opulenten Minimalismus der Gegenwart.

Dieselhaus – Forelle; © Thomas Platt
Bachforelle | Bild: Thomas Platt

Auf dem Teller: das Nötigste

Letzterer vermag auch die Gastronomie zu charakterisieren. Im, um und auf dem "Dieselhaus" um einen stillgelegten Generator muss zur Stärkung der Gäste wohl das Nötigste auf dem Teller genügen – ob es die Sauerfleisch genannte Tellersülze ist, mit warm gehaltenen Pellkartoffeln und Minimalremoulade, eine um die angekündigte Nussbutter verschlankte Bachforelle ("aus eigener Zucht") oder der tiefe Teller mit innen feucht-klebrigen Spinatknödel (neben Käsespätzle die Alibispeise für Vegetarier).

Eine empfehlenswerte Jause

Der folkloristische Anstrich, dem Massivholztische mit fest angebauten Bänken (man kennt sie von Rastplätzen in den Alpen) entsprechen, vermag den offenkundig lieblos gekochten Speisen keine Aura zu geben. Während die Riesenbrezel zunächst Eindruck erheischt, sich dann aber als Kitsch entpuppt, gibt es mit den vorzüglichen Weißwürsten des Berliner Gourmet-Metzgers Jens-Uwe Bünger doch eine empfehlenswerte Jause.

Umso mehr wird einem das bewusst, wenn man die im Geschmack Leberknödeln ähnlichen Königsberger Klopse in saurer brauner Sauce auf angerührtem Kartoffelbrei danebenhält. Es mag aber auch sein, dass es hierbei um die Bajuwarisierung eines urpreußischen Gerichts geht – und man unversehens Zeuge sein darf eines volkstümlichen Experiments (Preise zwischen 6 und 22 Euro).

Thomas Platt, rbbKultur

Weitere Rezensionen

Pfirsich Melba © imago-images.de
imago-images.de

Die Klassiker "Pfirsich Melba" und "Bellini" - Sommerabschied mit Pfirsich

"Pfirsisch Melba" und "Bellini" sind zwei Spezialitäten, mit denen es sich lohnt, den Abgesang des Sommers zu zelebrieren. Kein Wunder, dass der sinnliche weiße Pfirsich die Inspiration dazu geliefert hat. Mit seiner samtenen Schale und dem süßen, feinaromatischen Fruchtfleisch, das nah am Kern nach Mandel schmeckt, bietet er die ideale Grundlage für zwei Kreationen mit Geschichte an: Für das Eisdessert, das der französische Koch Escoffier der Operndiva Nellie Melba widmete und für den Cocktail aus Bergpfirsich und Schaumwein, den die venezianische "Harry’s Bar" zu Ehren des Malers Giovanni Bellini erfand.

Pressburger Kipferl © imago-images.de
imago-images.de

Tradition und Moderne - Slowakische Küche

Bodenständig und kalorienreich stammt die traditionelle Küche der Slowakei aus einer Zeit, in der die Mehrheit der Bevölkerung in Dörfern von Produkten lebte, die regional und saisonal verfügbar waren - wie Weizen, Kartoffeln, Milch und Milchprodukte, Lamm- und Schweinefleisch, Sauerkraut und Waldpilze. Das erklärt die Vorliebe der Menschen für Mehlspeisen, Frischkäse und Wurstwaren und mit Gerichten, die in vielen Varianten auch in den Küchen der Nachbarländer Österreich, Tschechien und Ungarn zu finden sind. In Städten wie Bratislava entwickelt sich allerdings eine modernere Küche, die auf gute lokale Produkten setzt und von hervorragenden Bieren und Weinen begleitet wird.

Ramen: Japanische Nudelsuppe © Addictive Stock/Shotshop / dpa
Addictive Stock/Shotshop / dpa

Ikone der japanischen Esskultur - Ramen – das kleine kulinarische Gesamtkunstwerk aus Japan

In kaum einer anderen Küche spielt Ästhetik eine so große Rolle wie in der Küche Japans. Traditionelle Gerichte setzen auf die Harmonie der Speisen: Geschmack und Aussehen sollen eine Einheit bilden. Die beliebte Suppe Ramen ist keine traditionelle Speise: Sie ist erst um 1900 aus der chinesischen Küche übernommen und weiterentwickelt worden. Dennoch ist die Kombination von Farben, Formen, Aromen und Texturen, die je nach Region stark variiert, mittlerweile eine Ikone japanischer Esskultur: Suppe, Nudeln, Eier, Gemüse, Fisch, Fleisch und Öl bilden in der Schüssel ein ausgeglichenes Bild, das die Augen ebenso wie den Gaumen anspricht.

Download (mp3, 8 MB)