Enoiteca Il Calice – Bolognese mit Tagliatelle; © Thomas Platt
Bild: Thomas Platt

Italienische Institution am Walter-Benjamin-Platz - "Enoiteca Il Calice"

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Achtung, Spoiler! In der letzten Folge der Streaming-Serie "Ted Lasso" um einen amerikanischen Football-Coach im Mutterland des Fußballs scheint man sich für einen Augenblick einig, dass das menschliche Streben nach Perfektion sinnlos sei. Doch dann werden drei Beispiele angeführt, die das Argument vom Tisch wischen. Das schlagendste ist die Existenz des Ragù Bolognese. Als sei man von dieser Erkenntnis niemals nur einen Fußbreit abgewichen, wird die charismatische Fleischsauce in der "Enoiteca Il Calice" in Berlin-Charlottenburg seit Jahr und Tag perfekt zubereitet und wie in seinem Herkunftsort auf Tagliatelle serviert.

Populäre Delikatessen zu entwickeln, die bei allen Völkern Anklang finden, gelingt den Regionen Italiens immer wieder. Ihre oft einfachen, aber auf maximale Wirkung zielenden Rezeptideen erlebt man jedoch selten in kongenialer Umsetzung.

Deshalb begegnet man Lokalen, die nicht unnötig kompliziert kochen, den Zutaten mit Achtung begegnen und bei denen sich der Genuss nicht in Deutung verliert, auf Anhieb mit Zutrauen, oft sogar mit Liebe.

Das Beste der italienischen Küche

Das annähernd 40 Jahre in Berlin bestehende "Il Calice" ist auch deshalb ein Muster an Verlässlichkeit und Kontinuität, weil sein Gründer Antonio Bragato als Kind italienischer Eltern in Süddeutschland aufgewachsen ist und die unterschiedlichen Mentalitäten beider Nationen und die daraus resultierenden Erwartungen ab ovo kennt.

Sein Speiseprogramm ist mehr das eines Bistros als das eines ausgewachsenen Ristorantes. Die Auswahl der Speisen beschränkt sich keineswegs bloß auf seine Heimatregion, das Veneto, sondern bezieht seine Anstöße vornehmlich aus Nord- und Mittelitalien. Deshalb steht ein mürbes, mit Möhren- und Zucchinihobeln überhäuftes Kalbscarpaccio (in der Manier von Roast beef zubereitet) oder ein klassisches Vitello tonnato auf dem Tisch neben beispielsweise einem Fritto misto (ein mediterranes Tempura sozusagen) mit Tintenfisch, Gambas, Sardinen, Salat und Gemüse.

Dass die Küche gerade Klassikern eine Auffrischung angedeihen lässt, sieht man Kleinigkeiten, hier an einer Wasabi-Mayonnaise zum Fritto misto. Wenn etwas nicht ganz glückt wie etwa die Arrabiata di Mare, dann bewegt sich das Scheitern auf einem Niveau, das viele Ristorantes hierzulande nicht einmal mit ihren besten Gerichten erreichen.

Enoiteca Il Calice © Thomas Platt
Bild: Thomas Platt

Mediterranes Flair

Stammgästen beginnen mit Antonios Meisterwerk. Es heißt schlicht "Spritz Bianco rosso" und setzt sich aus Lambrusco Spumante (von der Pinot Noir Traube), Select (der komplexe Bitter der Gebrüder Pilla aus Venedig, dem inzwischen leider auch an der Adria kanonisierten Aperol haushoch überlegen), Dolin Vermouth Chambéry Rouge, Orangeschale, ein bisschen Mineralwasser (ganz wichtig) sowie ein Spitzer Angostura. Traditionell den Abschluss bildet die Panna cotta mit Salzkaramell und marinierten Pfirsichen.

Insbesondere mittags, wenn die Sonne über den von zwei Säulenkolonnaden gesäumten Walter-Benjamin-Platz ein mediterranes Flair verstreut, gehören die kleinen Menüs (23 bzw. 28 Euro mit Fisch oder Fleisch) und zahlreichen à la carte-Gerichte (zwischen 21 und 35 Euro) zum Besten, was die italienische Küche in Berlin zu bieten hat.

Thomas Platt, rbbKultur

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