
Tradition und Moderne - Slowakische Küche
Bodenständig und kalorienreich stammt die traditionelle Küche der Slowakei aus einer Zeit, in der die Mehrheit der Bevölkerung in Dörfern von Produkten lebte, die regional und saisonal verfügbar waren - wie Weizen, Kartoffeln, Milch und Milchprodukte, Lamm- und Schweinefleisch, Sauerkraut und Waldpilze. Das erklärt die Vorliebe der Menschen für Mehlspeisen, Frischkäse und Wurstwaren und mit Gerichten, die in vielen Varianten auch in den Küchen der Nachbarländer Österreich, Tschechien und Ungarn zu finden sind. In Städten wie Bratislava entwickelt sich allerdings eine modernere Küche, die auf gute lokale Produkten setzt und von hervorragenden Bieren und Weinen begleitet wird.
"Deftig" mag negativ klingen, bezogen auf die traditionelle Küche des Landes, aber die Slowakei ist zu zwei Dritteln gebirgig: Nur im Süden, in Donaunähe, ist das Land flach. Kalte Winter und heiße Sommer – und die entsprechenden saisonalen Produkte aus Landwirtschaft und Tierzucht - haben jahrhundertelang den Speiseplan geprägt. In Bratislava, im Dreiländereck Slowakei-Österreich-Ungarn gelegen, war der Austausch mit den Nachbarländern aber viel intensiver. Wie sie, gehörte die Slowakei dem sogenannten "K und K" (habsburgisch-ungarisch-österreichisch) geprägten Kulturraum an. So gibt es in diesen Ländern ähnliche Gerichte - selbst wenn es in der Zubereitung kleine lokale Unterschiede gibt und oft darüber gestritten wird, wer das eine oder andere erfunden haben soll.
Pressburger Kipferl, Žitava, Halušky und Pagáče
So wie die "Pressburger Kipferl": Hefeteig-Hörnchen mit Mohn- oder Nussfüllung, die seit dem 18. Jahrhundert als Spezialität aus Bratislava bekannt sind. Lange wurde darüber diskutiert, ob die echten Kipferl nicht doch die aus Wien oder aus Budapest seien, bis die slowakische Original-Rezeptur durch ein EU-Patent geschützt wurde. Ebenso herkunftsgeschützt ist die orangerote, vollaromatische Paprika aus Žitava ein fester Bestandteil der slowakischen Küche.
Alle drei Länder – Slowakei, Österreich und Ungarn – schätzen das Fleisch des Mangalica-Schweins, einer alten Rasse, die heute wieder gezüchtet wird. Vor allem Mangalica-Salami zählt zu den Spezialitäten, die im Ausland lebenden Slowaken aus der Heimat mitnehmen.

Rezepte wandern durch Europa
Das Nationalgericht der Slowakei dürfte auch Verwandte in den Nachbarländern haben: Halušky, eine Art Spätzle oder kleine Nocken aus Kartoffel-Mehlteig, werden mit Speck und dem traditionellen Frischkäse aus Schafsmilch Bryndza angerichtet. Dazu wird Žinčica getrunken, eine Art Kefir aus Schafsmilch.
Die Allgegenwart von Frischkäse und Milchprodukten zeugt von der Relevanz, die Weidewirtschaft und Schafzucht in den Karpaten lange Zeit hatte. Nudelgerichte wie die ravioliartigen Piroyi und Mehlspeisen wie Klöße und Buchteln sind in der Slowakei ebenso beliebt wie in anderen mitteleuropäischen Küchen.
Eine besondere Gebäckspezialität, die im Namen mit der italienischen Focaccia und der französischen Fougasse verwandt ist, sind Pagáče - zu Deutsch Pogatschen. Die Wurzel des Namens, in ganz Europa verbreitet, stammt aus dem Lateinischen "foccantia": am Feuer backen. Ähnliches wie Pogatschen gibt es in Österreich und Ungarn, weiter über den Balkan und Griechenland bis in die Türkei. Slowakische Pagáče sind oft aber kleine Brötchen aus Hefeteig. Dieser wird mit Butter oder Margarine bestrichen und mit geriebenen Kartoffeln oder Bryndza oder Grammeln, also Griebenschmalz, belegt, dann mehrmals gefaltet, so dass er, einmal gebacken, wie Blätterteig aussieht. Pagáče werden oft zu Wein und Bier gereicht.

Weinwelt im Umbruch
Die Tradition des Bierbrauens reicht in der Slowakei bis ins 10. Jahrhundert zurück. Die meisten berühmten slowakischen Bierbrauereien sind allerdings in den letzten Jahren von transnationalen Konzerten übernommen worden. Die mit 500 Jahren älteste Bierbrauerei des Landes in der Stadt Banska Stiavnica ist aber noch in slowakischer Hand.
Weißweine, hauptsächlich, aber auch Rotweine werden im Süden des Landes produziert, vor allem entlang der Donau, einer Gegend, die das ideale Mikroklima für den Weinbau anbietet. Viele Produzent:innen setzen zunehmend auf Qualität und machen sich auch international mit hochqualitativen Weinen bekannt, u.a. mit sogenannten Naturweinen. Trendige Bars und Restaurants in Bratislava veranstalten Verkostungen und geben diesen neuen Weinen eine Bühne, um ein jüngeres Publikum zu erreichen.
Ein Produkt mit einer langen Tradition ist wiederum der Edelwein Tokaj, der im gleichnamigen Weinbaugebiet im Südosten der Slowakei angebaut wird. Unter den Spirituosen ist der Pflaumenschnaps aus Bošáca das Geschenk der Wahl, wenn es um wichtige, repräsentative Besuche geht.
Elisabetta Gaddoni, rbbKultur