Glossar | E.T.A. Hoffmann V © picture-alliance/ Mary Evans Picture Library /GROSV | (Montage: rbb)
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Das E.T.A. Hoffmann-ABC - V - wie verräterische Umtriebe

Von Norbert Kron

Im März 1819 ermordet ein radikaler Student den Diplomaten und Schriftsteller August von Kotzebue. Der Attentäter war ein junger Burschenschafter, der zwei Jahre zuvor auch am Wartburgfest teilgenommen hatte. Seit dem Wiener Kongress 1814 begehren Studenten gegen die restaurativen politischen Verhältnisse in Deutschland auf. Die Mächtigen sind alarmiert, man fürchtet Unruhen. Nach dem Attentat auf August von Kotzebue fasst eine Ministerkonferenz im Herbst 1819 die sogenannten "Karlsbader Beschlüsse". Man einigt sich auf die polizeiliche Überwachung und Bekämpfung liberaler und nationaler Tendenzen. Der preußische König setzt eine "Untersuchungs-Kommission" ein - wegen "verräterischer Umtriebe". Aufrührerische Studenten sollen verhaftet und schnell verurteilt werden.

Als Berliner Kammergerichtsrat wird E.T.A. Hoffmann die zweifelhafte Ehre zu Teil, in die Kommission berufen zu werden - ausgerechnet er, der mit Politik nicht viel am Hut hat! Pflichtschuldig macht er sich an die Arbeit - und beginnt die Verhafteten zu vernehmen. "Strudelköpfe" nennt er sie in einem Brief. Aber nach eingehender Befragung hält er sie unschuldig. Hoffmann empfiehlt bei allen Inhaftierten schnelle Freilassungen, zum Unmut des Berliner Polizeidirektors. Doch Hoffmann hält allem politischen Druck stand. Im Gegenteil, die Willkür des Staatsbeamten nimmt er zum Anlass einer scharfen Satire, die er in sein Märchen "Meister Floh" einbaut, an dem er gerade schreibt. Noch bevor der Text erscheinen kann, kommt es zum Eklat. Hoffmann gilt auf einmal selbst als Verräter. Hinter den Kulissen setzt sich der ganze Machtapparat gegen ihn in Bewegung, man will den, Zitat, "pflichtvergessenen, höchst gefährlichen Staatsbeamten" in die Verbannung schicken - nach Insterburg, in die Provinz.

Das alles passiert im selben Winter, in dem Hoffmann ein letztes Mal in seinem Leben erkrankt. Nur wegen dieser Erkrankung wird das Verfahren gegen ihn ausgesetzt. Zwar hat Hoffmann schweren Herzens die beanstandeten Passagen im "Meister Floh" zurückgezogen, doch dies hätte ihn wohl kaum vor einem Prozess gerettet. Ehe das Verfahren wieder aufgenommen wird, stirbt Hoffmann jedoch 1822 an seiner Rückenmarkserkrankung.

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200. Todestag - E.T.A. Hoffmann - Jurist, Komponist und Autor fantastischer Geschichten

Mit Märchen und fantastischen Erzählungen wie "Der Sandmann", "Kater Murr" und "Die Elixiere des Teufels" ist E.T.A. Hoffmann als Schriftsteller der deutschen Romantik bekannt geworden. Außerdem war er Beamter, Komponist und Zeichner, liebte Wein und Glücksspiel. Am 25. Juni 1822 - vor 200 Jahren - starb er in Berlin. Wir beleuchten Leben, Werk und seine verschiedenen Facetten.