Sachbuch - Ronald D. Gerste: "Trinker, Cowboys, Sonderlinge"
Ronald Gerste hat kein wissenschaftliches Buch geschrieben, sondern zwölf amerikanische Präsidenten, die alle ihre "besonderen Merkmale" aufwiesen, in knappen, kurzweiligen Porträts skizziert.
Alle Zwölf weilen nicht mehr unter den Lebenden, aber der eine oder andere Vergleich mit dem derzeitigen Amtsinhaber drängt sich schon auf. So lässt Gerste im letzten Porträt des Bandes, das Richard Nixon darstellt, die Reagan-Tochter Patti Davis zu Wort kommen:
"Bei aller seiner Düsternis, all seinen Gesetzesverstößen und Fehlern, glaubte Nixon doch an die Verfassung. Er trat in Schande zurück und fühlte, nach allen glaubhaften Quellen, eine immense Schuld – wozu Trump unfähig erscheint. ... Es sagt viel darüber aus, was Amerika durchmacht, wenn Richard Nixon besser erscheint als Donald Trump."
Wechselnde Bewertung
Das Nixon-Porträt offenbart den gespaltenen, widersprüchlichen Charakter von Richard Nixon, verdeutlicht aber auch seine – und Kissingers – enormen außenpolitischen Leistungen. Und es zeigt auch, dass sich die Bewertung eines Präsidenten durchaus wandeln kann. Wobei zu unterscheiden ist, ob es sich um die öffentliche Meinung oder die Wertung der Historiker handelt.
Ein umgekehrtes Beispiel aus dem Band ist Harry S. Truman, der durch den Tod von Franklin Roosevelt am Ende des Zweiten Weltkrieges ins Weiße Haus kam. Er hatte gewichtige, epochale Entscheidungen zu treffen (Atombombeneinsatz, Wiederaufbau in Europa, NATO-Gründung, Korea-Krieg) und war dennoch von den Zeitgenossen eher wenig wertgeschätzt. Gerste porträtiert ihn als einen im Zivilleben mehrfach beruflich Gescheiterten, bevor er sich in die Politik begab. Heute wird er durchweg als sehr erfolgreicher Präsident bewertet.
Unerschütterliche Demokratie
Der Wert dieser Porträtsammlung liegt im Einblick in das Funktionieren des amerikanischen Wahlsystems und der US-Präsidentenschaft. Vielleicht macht es Mut zu sehen, dass die amerikanische Demokratie auch von ungewöhnlichen Amtsinhabern nicht zu erschüttern ist.
Eckhard Stuff, rbbKultur